Wie hoch sind die Erbteile?

Teilungsanordnung als Erbeinsetzung. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen

Teilungsanordnung als Erbeinsetzung

Das Oberlandesgericht München hat in einem Urteil  (Az. 23 U 3098/06) klargestellt, dass bei einem Erblasser, der praktisch über sein gesamtes Vermögen verfügt hat, entgegen der Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB eine Erbeinsetzung der mit einzelnen Gegenständen oder Vermögensgruppen bedachten Personen in Betracht kommt, weil nicht anzunehmen ist, dass der Erblasser überhaupt keinen Erben berufen wollte. Eine solche testamentarische Aufteilung des Nachlasses kann als mit einer Teilungsanordnung verbundene Erbeinsetzung angesehen werden, wobei sich die jeweilige Erbquote aus dem Verhältnis des Wertes des zugewendeten Vermögensteils zum Wert des Gesamtnachlasses ergibt. Unter Berücksichtigung der Wertverhältnisse kann die Auslegung aber auch ergeben, dass nur eine der bedachten Personen zum Erben eingesetzt ist, während den anderen lediglich Vermächtnisse zugewendet sind

In der Urteilsbegründung führt das Gericht aus

I.
Die Kläger verlangen aufgrund Testaments der Mutter der Parteien die Übertragung eines Nachlassgrundstücks. Der Beklagte zu 2) fordert im Wege der Widerklage aufgrund dieses Testaments die Übertragung von Wohnungseigentum.

Die Parteien sind Geschwister, deren gemeinsame Mutter am 01.08.1995 verstorben ist.

Die Mutter hatte am 23.03.1989 ein privatschriftliches Testament (Anlage K 7) mit folgendem Wortlaut errichtet:

„Ich, Elisabeth M., geb. W. am 22.12.13 setze meine Kinder Michael, Hans, Georg u. Elisabeth als Erben ein für S.hof 8. Meine Tochter Elisabeth S. bekommt ein Wohnrecht von Stube, Kammer und Küchen und Gartennutzung. Michael bekommt das Haus und die Hälfte von Grund und die Schupfe. Die Zufahrt muss gesichert sein. Hans bekommt die andere Hälfte vom Grund mit seiner bebauten Fläche. Georg bekommt 1.000 m² wo er sich ein Holzlager oder sonst was bauen kann u. das Erbrecht von mir in T., N.gasse 35.
Ich bitte die Bäume am Höhenweg S.hof 8 zu erhalten. Vorkaufsrecht hat jeder der Geschwister.“

Die Erblasserin war Alleineigentümerin des Grundstücks S.höfe 8, das aus ihrer Familie stammte. Das im Außenbereich gelegene Grundstück mit einer Gesamtfläche von 9.242 m² war ursprünglich mit einem alten Bauernhaus bebaut. Anfang der 80er Jahre errichtete der Kläger zu 1) daran angrenzend mit Zustimmung seiner Mutter auf eigene Kosten ein neues Wohnhaus, das von ihm bewohnt wird. Das alte Bauernhaus wurde bereits zu Lebzeiten der Erblasserin von der Tochter der Beklagten zu 1) bewohnt.

Nach dem Tod des am 08.12.1982 verstorbenen Vaters der Parteien hatten diese gemeinsam mit ihrer Mutter mit notariellem Erbauseinandersetzungsvertrag vom 12.07.1983 (Anlage K 6) vereinbart, dass die Mutter Miteigentumsanteile von 356/1000 und 68/1000 verbunden mit dem Sondereigentum an den Räumen Nr. 1 und Nr. 2 des Anwesens B. Str. und N.gasse 35 a in T. zum Alleineigentum erhalten sollte. Weitere Miteigentumsanteile erhielt der Kläger zu 1).

Nachdem das Nachlassgericht am 22.01.1996 einen Erbschein (Anlage K 8) erteilt hatte, nach dem die Parteien zu je ¼ Erben nach ihrer Mutter geworden sind, streiten sie nunmehr über die Auslegung des Testaments.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dass ihre Mutter die Parteien zwar zu gleichberechtigten Erben eingesetzt habe, im Testament jedoch Vorausvermächtnisse bezüglich des Grundstücks S.höfe Nr. 8 und des Objekts N.gasse 35 vorgesehen habe.

Die Kläger haben beantragt:

Beide Beklagte – jeder für sich – werden verurteilt, das Eigentum an dem Objekt S.höfe Nr. 8, vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Wolfratshausen für L., Band …5, Bl. …3, soweit es ihrer eigenen Miterbenstellung entspricht, an die Kläger zu 1) und 2) je zu ½ Miteigentumsanteil zu übertragen und alle hierfür erforderlichen Erklärungen in notarieller Form abzugeben,
– Zug um Zug gegen Übertragung einer Grundstücksfläche von 1.000 qm an den Beklagten zu 2) gemäß Anlage K 2, 25 m breit an der südlichen Grundstücksgrenze und 40 m tief an der westlichen Grundstücksgrenze sowie – Zug um Zug gegen Eintragung eines Wohnrechts für die Beklagte zu 1) an der Stube, Kammer einschließlich Küchen- und Gartenmitbenutzung im alten ehemaligen Bauernhaus des Anwesens S.höfe.

Die Beklagte zu 1) hat beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise der Klage nur stattzugeben, Zug um Zug gegen die Einräumung des Wohnrechts für die Beklagte zu 1) an der Stube, Kammer einschließlich Küchen- und Gartenbenutzung am alten ehemaligen Bauernhaus des Anwesens S.höfe und Einwilligung in die entsprechenden Grundbuchanträge.

Die Beklagte zu 1) hat hilfsweise Widerklage erhoben und beantragt :
Festzustellen, dass die Klägerin in Gesamtschuldnerschaft mit dem Beklagten zu 2) verpflichtet sind, an die Beklagte zu 1) den Zusatzpflichtteil gemäß § 2305 BGB zu bezahlen.
Ferner hilfsweise:
Die Kläger in Gesamtschuldnerschaft mit dem Beklagten zu 2) zu verurteilen, an die Beklagte einen Pflichtteil, der noch festgestellt werden muss, mindestens in Höhe von 100.000,00 € zu bezahlen.
Der Beklagte zu 2) hat beantragt:
Die Klage abzuweisen, hilfsweise, der Klage nur stattzugeben, Zug um Zug gegen die Verpflichtung der Kläger, eine Fläche von 1.000 qm an den Beklagten zu 2) aufzulassen, die sich lagemäßig aus der Anlage B 14 ergibt und in die entsprechenden Grundbucheinträge einzuwilligen.
Der Beklagte zu 2) hat Widerklage erhoben und beantragt, die Kläger zu 1) und 2) zu verurteilen, die Miteigentumsanteil von 356/1000 verbunden mit dem Sondereigentum an den Räumen Nr. 1 laut Teilungserklärung, Miteigentumsanteile von 68/1000 verbunden mit dem Sondereigentum an den Räumen Nr. 2 laut Teilungserklärung des Anwesens N.gasse 35 a, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Wolfratshausen für T., Bd. …9, Bl. …4, Fl.Nrn. …2/7 zu 728 m² sowie aus …8/3 an der B. Straße 8 zu 3 qm (Fl.Nr. …2/7 teilweise überbaut auf Fl.Nr. …8/3) an den Beklagten zu 2) aufzulassen und in die entsprechende Änderung des Grundbuchs einzuwilligen.
Die Beklagten zu 1) und zu 2) haben die Auffassung vertreten, dass alle Geschwister zu gleichen Teilen nach ihrer Mutter Erben geworden sind. Bei der Verfügung hinsichtlich des Anwesens S.höfe Nr. 8 handle es sich um eine ausgleichspflichtige Teilungsanordnung. Hinsichtlich des Anwesens N.gasse 35 a in T. liege ein Vorausvermächtnis vor. Nach dem Testament stehe dem Beklagten zu 2) auf dem Grundstück S.höfe ein Bauplatz zu, der mit einem Einfamilienhaus bebaubar sein müsse. Eine Bebauung sei bei der von den Klägern vorgesehenen Aufteilung des Grundstücks für den Beklagten zu 2) jedoch nicht möglich.
Die Beklagte zu 1) hat geltend gemacht, dass der Wert des ihr eingeräumten Wohnrechts nicht annähernd den Wert ihres Pflichtteils erreiche. Das von den Klägern begehrte Vorausvermächtnis sei daher nach § 2306 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Kläger seien gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 2) verpflichtet, an sie den Zusatzpflichtteil gemäß § 2305 BGB in Höhe von mindestens 100.000,00 € zu bezahlen.
Der Beklagte zu 2) hat die von der Beklagten zu 1) geltend gemachten Pflichtteilsansprüche anerkannt.
Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellungswiderklage der Beklagten zu 1) fehle. Im Übrigen lägen auch die rechtlichen Voraussetzungen der §§ 2306, 2305 BGB nicht vor. Etwaige Pflichtteilsansprüche der Beklagten zu 1) seien jedenfalls verjährt.
Die Kläger haben die Widerklage des Beklagten zu 2) mit der Maßgabe anerkannt, dass die Verurteilung nur Zug um Zug gegen Erfüllung der Übertragsverpflichtung gemäß Ziffer I. ihrer Klage zu erfolgen habe.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Das Landgericht München II hat mit Endurteil vom 24.03.2006 der Klage stattgegeben und die Hilfswiderklage der Beklagten zu 1) abgewiesen.
Die Widerklage des Beklagten zu 2) hatte mit der Maßgabe einer Zug-um-Zug-Verurteilung Erfolg.
Zur Begründung führte das Landgericht u.a. aus, die Auslegung des Testaments ergebe, dass die Erblasserin ihre vier Kinder als Erben eingesetzt habe, wobei die Parteien davon ausgegangen seien, dass die Erbeinsetzung zu je ¼ erfolgt sei. Die Parteien seien sich ferner darüber einig, dass die Erblasserin im Testament Bestimmungen über ihr gesamtes Immobilienvermögen getroffen habe und weitere nennenswerte Nachlassgegenstände nicht vorhanden seien. Die von der Erblasserin getroffenen Zuweisungen stellten Vorausvermächtnisse und keine Teilungsanordnungen dar. Dies sei zwischen den Parteien hinsichtlich der N.gasse 35 a in T. unstreitig, müsse aber ebenso für den Anspruch der Kläger gelten. Es sei zwischen den Parteien ferner unstreitig, dass die für die Kläger und den Beklagten zu 2) bestimmten Grundstücke unterschiedliche Werte hätten und Wertmäßig den Anteil erheblich überstiegen, der ihnen nach der Erbquote zustünde. Die Beklagte zu 1) könne sich nicht darauf berufen, dass die angeordneten Vorausvermächtnisse ihr gegenüber nach § 2306 Abs. 1 BGB als nicht angeordnet gelten. Ihre Erbquote von ¼ übersteige ihren Pflichtteil von 1/8. Hinsichtlich der dem Beklagten zu 2) zustehenden Grundstücksfläche von 1000 m² sei die von den Klägern vorgenommene Aufteilung gem. Anlage K 2 und nicht die vom Beklagten zu 2) gewünschte Aufteilung nach der Anlage B 14 maßgeblich. Der Beklagte zu 2) könne einen Anspruch auf eine bestimmte Fläche zwar dann haben, wenn er zu Lebzeiten der Erblasserin diese Fläche bereits als Holzlagerplatz benutzt habe. Dies habe die Beweisaufnahme jedoch nicht ergeben.
Die hilfsweise erhobene Widerklage der Beklagten zu 1) sei unbegründet.
Der Anspruch auf Zusatzpflichtteil gemäß § 2305 BGB scheitere bereits daran, dass der Beklagten zu 1) ein Erbteil von ¼ hinterlassen worden sei und dieser höher als der Pflichtteil sei. Der Leistungsantrag auf Zahlung eines noch festzustellenden Pflichtteils in Höhe von mindestens 100.000,00 € sei ebenfalls unbegründet, da insoweit Verjährung eingetreten sei.
Hinsichtlich der Widerklage des Beklagten zu 2) hätten die Kläger den geltend gemachten Anspruch wirksam anerkannt. Sie seien jedoch zur Erfüllung nur Zug um Zug gegen Übertragung des Eigentums am Anwesen S.höfe verpflichtet.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Die Beklagten führen aus, dass kein Vorausvermächtnis, sondern eine Teilungsanordnung vorliege. Die Erblasserin habe alle ihre Kinder gleichmäßig bedenken wollen. Von einem Vorausvermächtnis sei nur hinsichtlich der Zuwendung für den Beklagten zu 2) bezüglich des Anwesens N.gasse 35 a in T. auszugehen. Im Übrigen liege kein Vorausvermächtnis vor, da es an einem Begünstigungswillen der Erblasserin fehle. Ein Vorausvermächtnis sei im Übrigen gemäß § 2306 ausgeschlossen, da den Beklagten damit weniger als der Pflichtteil zugewendet werde. Die Beklagte zu 1) macht ferner geltend, ihre Widerklage sei begründet, da ihr Erbteil geringer sei als die Hälfe des Pflichtteils. Verjährung hinsichtlich ihres Pflichtteilsanspruchs sei nicht eingetreten.
Der Beklagte zu 2) führt aus, dass der ihm zu übertragende Grundstücksanteil von 1000 m² durch das Landgericht falsch bestimmt worden sei. Bei der festgelegten Fläche handele es sich im Wesentlichen um einen Steilhang, an dem nie ein Holzlager bestanden habe. Die Erblasserin habe gewollt, dass auch ihm ein Baugrund zustehe. Des Weiteren macht er geltend, dass eine Verurteilung der Kläger auf seine Widerklage hin ohne die Zug-um-Zug-Maßgabe habe erfolgen müssen.
Die Beklagten verfolgen ihre erstinstanzlichen Anträge weiter, wobei der Beklagte zu 2) hinsichtlich seiner Widerklage auch den Wegfall der Zug-um-Zug-Verurteilung begehrt.
Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Die Kläger vertreten die Auffassung, dass die Auslegung des Testaments eine Erbeinsetzung entsprechend des Wertes der zugewandten Gegenstände ergebe und eine Teilungsanordnung verfügt worden sei. Denkbar sei auch eine Erbeinsetzung zu gleichen Teilen und die Anordnung von Vorausvermächtnissen. Der Wortlaut des Testaments sei dahingehend eindeutig, dass die Erblasserin eine unterschiedliche Beteiligung ihrer Kinder an dem Anwesen S.höfe gewollt habe. Auch eine Schlechterstellung der Beklagten zu 1) liegen im Willen der Erblasserin, da die Beklagte zu 1) bereits versorgt gewesen sei. Der
Beklagte zu 2) habe keineswegs einen Bauplatz erhalten sollen. Pflichtteilsansprüche der Beklagten bestünden nicht. Die Voraussetzungen für einen Wegfall der Beschränkungen im Testament, insbesondere der Teilungsanordnung, gemäß § 2306 Abs. 1 BGB lägen nicht vor.
Ferner äußerten die Kläger die Meinung, dass die Beklagte zu 1) nur Vermächtnisnehmerin sei, da ihr ein geringer Wert zugewendet werde und es nicht mit dem Willen der Erblasserin vereinbar sei, dass es zu einer Teilungsversteigerung des Grundstücks kommen könne.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens aufgrund Beweisbeschlusses vom 13.06.2007 (Blatt 382/383 d.A.). Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sachverständigengutachten vom 29.04.2009 (Blatt 590/737 d.A.) Bezug genommen. Ferner wird auf den Aufklärungsbeschluss vom 14.12.2006 (Blatt 318/319 d.A.), die Sitzungsprotokolle vom 12.10.2006, 15.02.2007, 26.04.2007 und 23.07.2009 sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die Argumentation des Oberlandesgerichts

II.
Die zulässigen Berufungen der Beklagten sind hinsichtlich der Klageforderung begründet. Den Klägern steht der geltend gemachte Anspruch derzeit nicht zu. Über die Widerklage der Beklagten zu 1) war nicht zu befinden, da diese lediglich hilfsweise erhoben worden ist. Die Berufung des Beklagten zu 2) hat insoweit keinen Erfolg, als er hinsichtlich seiner Widerklage den Wegfall der Zug-um-Zug-Verurteilung anstrebt.
Der von den Klägern geltend gemachte Anspruch auf Auseinandersetzung des Nachlasses besteht nicht, da ihnen nach dem Testaments der Erblasserin vom 23.03.1989 kein Vorausvermächtnis zusteht und die von der Erblasserin verfügte Teilungsanordnung nach § 2306 Abs. 1 Satz 1 BGB als nicht angeordnet gilt. Die Voraussetzungen für eine Erbauseinandersetzung nach § 2042 BGB liegen nicht vor, da die Kläger nicht auf Zustimmung der Beklagten zu einem Auseinandersetzungsvertrag klagen.
1

Die Auslegung des Testaments der Erblasserin vom 23.03.1989 ergibt, dass die Erblasserin ihre Kinder gemäß den angegebenen Wertverhältnissen als Erben eingesetzt hat und für die Verteilung der Nachlassgegenstände eine Teilungsanordnung vorgesehen hat. Maßgeblich für die Auslegung der letztwilligen Verfügung ist dabei nicht ein – ggf. auch übereinstimmendes – Verständnis der Erben vom Inhalt des Testaments, sondern vielmehr der tatsächliche, hilfsweise der hypothetische Wille des Erblassers.

a)
Der Senat teilt zwar die Auffassung des Landgerichts, dass die Erblasserin ihre vier Kinder als Erben eingesetzt hat und hinsichtlich der Beklagten zu 1) nicht lediglich ein Vermächtnis angeordnet hat. Der Senat geht jedoch davon aus, dass die Erblasserin ihre Kinder nicht zu gleichen Teilen, sondern nur quotal entsprechend der zugewandten Werte eine Erbeinsetzung wollte und daneben eine Teilungsanordnung ausgesprochen hat.
Für eine solche Auslegung spricht bereits der Wortlaut des Testaments: „… setze meine Kinder Michael, Hans, Georg und Elisabeth als Erben ein für S.hof 8 …“. Der Umstand, dass die Erblasserin den Nachlass wertmäßig in unterschiedlicher Weise aufgeteilt und der Beklagten zu 1) mit dem Wohnrecht einen Gegenstand zuwendet, der deutlich hinter dem Wert der den anderen Kindern zugedachten Gegenständen zurückbleibt, weist für sich genommen noch nicht darauf hin, dass der Beklagten zu 1) lediglich ein Vermächtnis zukommen sollte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Vermutungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB. Danach ist zwar im Zweifel auch dann nicht anzunehmen, dass der Bedachte Erbe sein soll, selbst wenn er als Erbe bezeichnet ist, falls ihm nur einzelne Gegenstände zugewendet werden.

Mit der Zuweisung der Rechte an dem Grundstück S.höfe 8 und der N.gasse 35 a in T. hat die Erblasserin, wie sich bereits aus den Feststellungen des Landgerichts ergibt, ihr wesentliches Vermögen an ihre Kinder verteilt. Unstreitig besteht kein nennenswertes Geld- oder Wertpapiervermögen. Noch zu Lebzeiten hatte die Erblasserin ihren Kindern einen Betrag von jeweils 10.000,00 DM zugewendet. Im Wesentlichen sind neben den im Testament aufgeführten Gegenständen lediglich die vom Vater gemalten und hinterlassenen Bilder, deren Wert von den Klägern mit 20.000,00 DM – 40.000,00 DM (entspricht 10.225,84 € – 20.451,67 €) angegeben wird und von den Beklagten als bloßer Liebhaberwert bezeichnet wird, sowie Schmuckgegenstände, deren Wert nicht näher dargetan ist, vorhanden. Das Alleineigentum an einer Barockkrippe, die ursprünglich im Eigentum des Vaters der Parteien gestanden hatte und deren Wert die Kläger mit 150.000,00 DM (entspricht 76.693,78 €) und die Beklagten mit 20.000,00 € – 30.000,00 € angeben, wurde der Beklagten zu 1) unstreitig (vgl. Bl. 32 und Bl. 335 d.A.) noch zu Lebzeiten der Erblasserin übertragen und fällt somit nicht in den Nachlass.
Hat der Erblasser praktisch über sein gesamtes Vermögen verfügt, so kommt entgegen der Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB eine Erbeinsetzung der mit einzelnen Gegenständen oder Vermögensgruppen bedachten Personen in Betracht, weil nicht anzunehmen ist, dass der Erblasser überhaupt keinen Erben berufen wollte (BGH DNotZ 1972, 500; BayObLG NJW-RR 1995, 1096). Eine solche testamentarische Aufteilung des Nachlasses kann als mit einer Teilungsanordnung verbundene Erbeinsetzung angesehen werden, wobei sich die jeweilige Erbquote aus dem Verhältnis des Wertes des zugewendeten Vermögensteils zum Wert des Gesamtnachlasses ergibt (BGH FamRZ 1990, 396,398). Unter Berücksichtigung der Wertverhältnisse kann die Auslegung aber auch ergeben, dass nur eine der bedachten Personen zum Erben eingesetzt ist, während den anderen lediglich Vermächtnisse zugewendet sind (BayObLG NJW-RR 1997, 517,518; FamRZ 1990, 59,60; 1392/1394; BGB-RGRK/Johannsen 12. Aufl. § 2087 Rn. 14; Palandt/Edenhofer BGB 68. Aufl. § 2087 Rn. 3). Die Zuwendung einer Geldsumme stellt in der Regel ein Vermächtnis dar, aber auch die Zuwendung eines Grundstückes kann als solches aufzufassen sein (Palandt/Edenhofer, aaO. § 2087 Rn. 3). Auszugehen ist von den Vorstellungen, die der Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung hatte (BayObLG NJW-RR 1995, 1096). Außerdem ist zu berücksichtigen, ob ein in dieser Weise Bedachter nach den Vorstellungen des Erblassers in die wirtschaftliche Stellung des Verstorbenen eintreten soll (vgl. BayObLG FamRZ 1995, 1302; BayObLGZ 1965, 457, 460).

Hier hat die Erblasserin der Beklagten zu 1) nicht lediglich einen Anteil am Geldvermögen vermacht, sondern ihr vielmehr auch ein dingliches Recht an dem Grundstück eingeräumt, das nach den Feststellungen des Sachverständigen immerhin einen Wert von 60.000,00 DM verkörpert und damit einen nicht völlig untergeordneten Vermögenswert darstellt. Die Erblasserin hat auch verfügt, dass jedes der Geschwister ein Vorkaufsrecht hat. Diese Verfügung entspricht der gesetzlichen Regelung für Miterben gemäß § 2034 BGB und zeigt, dass die Erblasserin eine Erbengemeinschaft zwischen ihren Kindern wollte. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten zu 1) nach dem Willen der Erblasserin nur ein schuldrechtlicher Anspruch gegen ihre Brüder auf Einräumung des Wohnrechtes zustehen sollte, sind ebensowenig vorhanden wie solche, die darauf hindeuten, dass die Erblasserin ihre Tochter als Erbin ausschließen wollte.
Ursprünglich haben auch die Kläger noch die Auffassung vertreten, dass die Erblasserin ihre Kinder als gleichberechtigte Erben gesehen hat und diese lediglich unterschiedlich begünstigen wollte (S. 6 des SS vom 24.11.2004, Bl. 73). Erst im Lauf des Rechtsstreits haben sie dann darauf verwiesen, dass bezüglich der Beklagten zu 1) nur ein Vermächtnis und keine Erbenstellung vorliege.

b)
Wie bereits im Aufklärungsbeschluss vom 14.12.2006 (Bl. 318/319) ausgeführt, teilt der Senat allerdings nicht die Auffassung des Landgerichts, dass die Parteien zu gleichen Teilen, also zu je ¼, als Erben eingesetzt wurden und der gesamte Nachlass durch Vorausvermächtnisse gem. § 2050 BGB auf die Erben verteilt werden sollte. Da eine wertverschiebende Teilungsanordnung nicht existiert, wäre zwar davon auszugehen, dass es sich dann vielmehr tatsächlich um ein Vorausvermächtnis handelt (BGH NJW-RR 1990, 391, 392 m.w.N.). Hier liegt jedoch bereits keine wertverschiebende Teilungsanordnung vor, da die Parteien mit unterschiedlichen Quoten als Erben eingesetzt wurden. Aufgrund dieser Tatsache ist auch für die Annahme von Vorausvermächtnissen kein Raum, da die Erblasserin durch die Anordnung dieser Erbquoten eine Verteilung des (nahezu) gesamten Nachlasses vorgenommen hat. Den Erben soll daher gerade nicht mehr zugewendet werden, als ihnen nach der Erbquote zusteht, es ergibt sich vielmehr aus den zugewendeten Vermögensgegenständen die Erbquote.

Eine Erbeinsetzung zu gleichen Quoten ergibt sich nicht aus dem Wortlaut des Testaments selbst.

Die Erblasserin bestimmt im ersten Satz ihrer letztwilligen Verfügung zunächst nur, dass ihre vier Kinder die Erben des Grundstücks S.höfe Nr. 8, das die Erblasserin offensichtlich als den wichtigsten Teil ihres Nachlasses angesehen hat, eingesetzt werden. In den folgenden Sätzen des Testaments verteilt die Erblasserin ihr Vermögen durch Zuweisung einzelner Nachlassgegenstände, ohne eine bestimmte Erbquote zu nennen. Zwar könnte für eine Erbeinsetzung mit einer gleichen Quote mit je ¼ sprechen, dass die eingesetzten Erben allesamt Abkömmlinge der Erblasserin sind und keine besonderen Umstände dafür erkennbar sind, weshalb die Erblasserin ihre Kinder in unterschiedlicher Höhe begünstigen wollte. Insbesondere dürfte eine unterschiedliche Bedürftigkeit kein entscheidendes Motiv der Erblasserin gewesen sein, da sie dem Kläger zu 2), obwohl dieser gut situiert in der Schweiz lebt, mit der Hälfte des Anwesens S.höfe jedenfalls mehr zukommen lässt als den Beklagten. Es ist auch nicht dargetan, dass die Erblasserin mit einem der Kinder in Streit gelegen hätte oder irgendwelchen besonderen Gründen eines besonders bevorzugen wollte. Während – zumindest aus der Sicht der Erblasserin – zum Zeitpunkt der Testamtenserrichtung wohl in etwa eine Gleichbehandlung bezüglich den Klägern und dem Beklagten zu 2) gegeben war, dürfte auch für die Erblasserin ohne weiteres erkennbar gewesen sein, dass demgegenüber das der Beklagten zu 2) zugewendete Wohnrecht an dem alten Wohnhaus deutlich hinter dem Wert der ihren Brüdern zugewiesenen Nachlassgegenständen zurückbleibt.

Andererseits hat die Erblasserin auch bezüglich der drei Brüder eine unterschiedliche Begünstigung offenbar in Kauf genommen. Während der Kläger zu 2) die Hälfte des Grundes mitsamt dem alten Wohnhaus, das allerdings mit dem gemäß §§ 1093, 1090 BGB zeitlich begrenzten Wohnrecht der Beklagten zu 1) belastet ist, erhalten sollte, wird dem Kläger zu 1) die andere Grundstückshälfte zugewandt, wobei davon auszugehen ist, dass von dieser Fläche die dem Beklagten zu 2) zugesprochenen 1000 m² abzumessen sind. Dem Beklagten zu 2) wird darüber hinaus neben dieser Grundstücksfläche die Wohnung in der N.gasse 35 a in T. zugewendet. Da es aus Sicht der Erblasserin wenig sinnvoll erscheint, zunächst alle Erben mit einer gleichen Erbquote einzusetzen, um in einem nächsten Schritt durch die Anordnung eines Vorausvermächtnisses gemäß § 2150 BGB wieder eine ungleiche Verteilung des Nachlasses herbeizuführen, kommt als Wille der Erblasserin nur eine Erbeinsetzung mit unterschiedlichen Erbquoten in Betracht.

Gegen eine Erbeinsetzung zu je ¼ und eine gleichzeitige Anordnung von Vorausvermächtnissen spricht auch, dass in diesem Fall die Geschwister mit Nachlassgegenständen von unterschiedlich hohem Wert bedacht worden wären, sie andererseits als Miterben aber im gleichen Umfang für Nachlassverbindlichkeiten zu haften hätten. Ferner spricht gegen einen solchen Willen der Erblasserin auch, dass die Erblasserin im Testament in keiner Weise eine Ausgleichspflicht zwischen ihren Kindern anspricht, obwohl das Zurückbleiben des Werts des Wohnrechts hinter den den anderen Kindern zugewiesenen Vermögensgegenständen offenkundig ist. Es spricht auch nichts dafür, dass die Erblasserin es letztlich ihren Kindern überlassen wollte, einen wertmäßigen Ausgleich zu suchen, nachdem sie ihnen jeweils mit detaillierter Bestimmung verschiedene Vermögenswerte letztwillig zugewendet hat. In einem solchen Fall läge es auf der Hand, dass über das Bestehen und den Umfang der Ausgleichspflicht Streitigkeiten entstehen könnten. Mit derartigen Streitigkeiten musste die Erblasserin aber nicht rechnen, wenn – wie geschehen – bestimmte Vermögensgegenstände ohne Ausgleichspflicht auch bei unterschiedlichem Wert zugewendet werden. Diese Überlegung erwies sich zunächst auch als richtig; erst geraume Zeit nach dem Tod der Erblasserin haben die Parteien begonnen, die von der Erblasserin vorgenommene Aufteilung des Nachlasses in Frage zu stellen.

Der Erblasserin ging es erkennbar darum, jeden ihrer Kinder einen Anteil an dem Grundstück, das aus ihrer Familie stammte, zu gewähren. Es war ihr offenbar auch wichtig, das Grundstück im Familienbesitz zu belassen. Hierfür spricht neben der testamentarischen Einräumung eines Vorkaufsrechts für jedes der Geschwister, auch die im Testament geäußerte Bitte „die Bäume am Höhenweg S.hof 8 zu erhalten“. Es entspräche daher nicht dem Erblasserwillen, wenn es zur Erfüllung einer Ausgleichspflicht gegenüber den Geschwistern, die weniger erhalten haben, einer Veräußerung des Grundstücks bedurft hätte. Gegen eine Erbeinsetzung mit unterschiedlich hohen Erbquoten spricht letztlich auch nicht, dass die Erblasserin noch zu Lebzeiten schenkungsweise ihren Kindern jeweils den gleichen Betrag von 10.000,– DM zugewendet hat. Offenbar hat es sich hierbei im Wesentlichen um das gesamte Geldvermögen gehandelt. Dieses hat die Erblasserin außerhalb ihrer letztwilligen Verfügung verteilt. Es ist daher nicht zwingend, dass sie für die Verteilung ihrer Immobilien ebenfalls eine völlig gleiche Aufteilung wollte. Die Erblasserin hatte unstreitig zu allen ihren Kindern ein sehr gutes Verhältnis. Auch wenn nicht davon auszugehen ist, dass die Erblasserin einzelne ihrer Kinder bevorzugen oder benachteiligen wollte, so führt dies nicht dazu, dass dann stets von einer Erbeinsetzung mit gleicher Quote auszugehen ist, wenn das Testament zu dieser Frage schweigt.

Zwar enthält § 2091 BGB eine Auslegungsregel dahingehend, dass von einer Erbeinsetzung zu gleichen Teilen auszugehen ist, soweit sich aus §§ 2066 – 2069 BGB nichts anderes ergibt, falls mehrere Erben eingesetzt sind, ohne dass die Erbteile bestimmt sind. Diese Auslegungsregel kommt aber erst dann zur Anwendung, wenn die Erbquoten nicht durch Auslegung des Testaments ermittelt werden konnten (BGH NJW-RR 1990, 391, 392; Palandt/Edenhofer, a.a.O., § 2091 Rn. 1 m.w.N.). Hier führt jedoch bereits die Testamentsauslegung zu einem eindeutigen Ergebnis.

Das Fehlen einer Angabe der Erbquote hat jedenfalls dann eine gewichtige Bedeutung für die Auslegung eines Testaments, wenn der Erblasser sein Vermögen gegenständlich verteilen wollte. Dann hat er nämlich verschieden hohe Erbquoten grundsätzlich in Kauf genommen (BGH NJW-RR 1990, 391, 392; BGH DNotZ 1972, 500). Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Erblasserin hat in ihrem Testament nahezu den gesamten Nachlass gegenständlich auf ihre Kinder aufgeteilt. Die angeordnete Aufteilung des Nachlasses ist auch nachvollziehbar. Die Erblasserin hat jeden ihrer Söhne eine Immobilie zukommen lassen. Die Kläger, als die beiden älteren Brüder, erhalten nach dem Testament das Grundstück S.hof. Der Kläger zu 2) als ältester Sohn (geb. 09.07.1940) erhält die Hälfte mit dem alten Wohnhaus, der Kläger zu 1) als zweitältester Sohn (geb. 06.08.1946) die andere Grundstückshälfte mit dem von ihm selbst errichteten Wohnhaus. Der Beklagte zu 2) als jüngstes Kind (geb. 24.12.1954) erhält neben der Wohnung in der N.gasse 35 a in T. noch einen Grundstücksanteil von 1000 m² an dem Anwesen S.hof Nr. 8. Aus mutmaßlicher Sicht der Erblasserin wurden ihre Söhne durch die letztwillige Verfügung somit im Wesentlichen gleichmäßig bedacht und zugleich sichergestellt, dass das Grundstück S.hof in Familienbesitz bleibt. Zwar wird auch die Beklagte zu 1), die das älteste Kind der Erblasserin ist (geb. 06.01.1939) durch die Überlassung eines Wohnrechts an Stube und Kammer des alten Wohnhauses sowie Einräumung von Küchen- und Gartenbenutzung an dem Anwesen S.hof beteiligt, es ist jedoch auch für die Erblasserin erkennbar, dass der Wert dieses Rechts hinter dem Wert der den anderen Kindern zugewandten Nachlassgegenstände zurückbleibt. Da die Beklagte zu 1) allerdings schon zu Lebzeiten der Mutter verwitwet war und in ihrem eigenen Haus wohnte schien sie somit wohl aus Sicht der Erblasserin als ausreichend versorgt. Es entspricht daher dem hypothetischen Willen der Erblasserin, die Beklagte zu 1) nur mit dem Wert dieses Wohnrechts am Nachlass zu beteiligen und sie nicht mit einer Erbquote von ¼ als Erbin einzusetzen.
Dafür, dass die Erblasserin keine Erbeinsetzung mit gleicher Erbquote wollte, spricht im Übrigen auch der Umstand, dass der Kläger zu 1) das Haus, auf der ihn im Testament zugewiesenen Grundstückshälfte mit eigenen Mitteln erbaut hatte. Es ist daher davon auszugehen, dass die Erblasserin nicht wollte, dass der Kläger zu 1) zur Erfüllung einer etwaigen Ausgleichspflicht gegenüber den Geschwistern, denen weniger als ihnen nach der Erbquote zustünde, zugewiesen wurde, seinen Erbanteil würde veräußern müssen. Die Festlegung der Erbquoten auf dem Umweg über das wirtschaftliche Wertverhältnis der dem einen und dem anderen Erben zugewandten hauptsächlichsten Nachlassgegenstände zum Gesamtnachlass ist allerdings umständlich und zeitraubend und führt nur schwer zur Feststellung genauer Quoten. Die Erbeinsetzung mehrerer Personen nach Vermögensgruppen im Sinne einer Einsetzung zu denjenigen Erbquoten, welche sich aus dem Wertverhältnis dieser Vermögensgruppen zum Gesamtnachlass ergeben, bildet daher zwar nicht die Regel, ihre rechtliche Zulässigkeit ist aber anerkannt (BGH LM § 2084 BGB, Nr. 12 m.w.N.; BGH NJW 1997, 392, 393; RG LZ 30, 1050, 1051).

2
Eine wirksam angeordnete Teilungsanordnung, hat die schuldrechtliche Wirkung wie eine Miterbenvereinbarung. Sie ersetzt in ihrem Umfang den Teilungsplan und geht den gesetzlichen Regelungen für die Auseinandersetzung vor (BGH NJW 2002, 2712 m.w.N.). Bei einer Wirksamkeit der Teilungsanordnung könnten die Kläger die dingliche Übertragung der ihnen testamentarisch zugewandten Nachlassgegenstände verlangen, ohne dass es zuvor eines Auseinandersetzungsvertrages mit den Miterben bedürfte. Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor, da die Teilungsanordnung nach § 2306 Abs. 1 Satz 1 BGB als nicht angeordnet gilt.

Nach § 2303 Abs. 1 Satz 2 BGB steht den Beklagten je ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 1/8 des Nachlasses zu. Aus den Gutachten des Sachverständigen R. vom 29.04.2009 ergibt sich, dass der der Beklagten zu 1) zugewandte Wert des Nachlasses lediglich ca. 4,8 % beträgt und damit die Höhe des Pflichtteils nicht erreicht. Der Sachverständige hat festgestellt, dass der Wert des Anwesens S.höfe Nr. 8 zum Zeitpunkt des Erbfalls 1,3 Mio. DM mit der vom Kläger zu 2) erbauten Doppelhaushälfte (entspricht 664.679,– €) bzw. 940.000,– DM ohne Doppelhaushälfte (entspricht 480.614,– €) betragen hat. Der Wert des dem Beklagten zu 2) zugewandten Wohnungseigentums N.gasse 35 a und der B. Str. 8 in T. betrug 220.000,– DM und 75.000,– DM, insgesamt also 295.000,– DM (entspricht 150.831,10 €). Das der Beklagten zu 1) testamentarisch zugewandte Wohnrecht hat dagegen nur einen Wert von 60.000,– DM (entspricht 30.678,– €). Der dem Beklagten zu 2) zugewandte Grundstücksanteil am Anwesen S.höfe Nr. 8 von 1000 m² gemäß Anlage K 2 hat einen Wert von 100.000,– DM (entspricht 51.129,19 €). Der Senat ist davon überzeugt, dass die vom Sachverständigen ermittelten Werte zutreffend sind und macht sich die überzeugenden Ausführungen in den Gutachten zu Eigen. Die Parteien haben gegen die Feststellungen des Sachverständigen keinerlei Einwendungen erhoben. Der gesamte Immobiliennachlass unter Abzug des Wertes der vom Kläger zu 2) errichteten Doppelhaushälfte und des Wohnrechts, das der Beklagten zu 1) zugewandt wurde, hat demnach einen Wert von 1.235.000,– DM. Hieraus ergibt sich ein Pflichtteilsanspruch der Beklagten zu 1) in Höhe von 154.375,– DM. Da die Erbquote der Beklagten zu 1) den Pflichtteil nicht erreicht, ist ihr gegenüber die Teilungsanordnung nicht wirksam. Dies hat allerdings nicht zur Folge, dass die Teilungsanordnung im Verhältnis zur Beklagten zu 1) vollständig als nicht angeordnet gilt, d. h. auch soweit sie die Erbquote festlegt (BGH NJW-RR 1990, 391, 392; a.A. RG LZ 1932, 1050, 1051). In diesem Fall bleibt vielmehr die Teilungsanordnung insofern bestehen, als sie die Erbquote bestimmt. Lediglich als Teilungsanordnung gilt sie im Verhältnis der Beklagten zu 1) nicht (BGH a.a.O., Staudinger-Haas, BGB, 2006, § 2306, Rn. 24; BGB-RGRK/Johannsen, aaO. § 2306 Rn. 6; Lange in Münchner Kommentar zum BGB, 4.Aufl. § 2306 Rn. 16).
Die von den Klägern erhobene Einrede der Verjährung greift insoweit nicht, da der Wegfall der Beschränkung gemäß § 2306 nicht unter die Verjährungsregel gemäß § 2332 BGB fällt (Lange in Münchner Kommentar zum BGB, aaO., § 2332 Rn. 2).

Soweit sich die Kläger im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 10.08.2009 erstmals auf Verwirkung berufen, bestand keine Veranlassung, die Verhandlung gem.
§ 156 ZPO wieder zu eröffnen. Grundsätzlich kommt zwar auch eine Verwirkung im Zusammenhang mit Ansprüchen aus einer Erbauseinandersetzung in Betracht (Palandt/Edenhofer, aaO. § 2042 Rn. 14). Es liegen hier aber weder das Zeit- noch das Umstandsmoment vor, die es rechtfertigen könnten, der Beklagten zu 1) ein Berufen auf § 2306 BGB zu versagen. Zu berücksichtigen ist hier, dass die Parteien den Nachlass erhebliche Zeit genutzt haben, ohne dass es Streit über die Form der Auseinandersetzung gegeben hätte. Erst als die Kläger eine Auseinandersetzung in ihrem Sinne angestrebt haben, ergab sich daher für die Beklagte zu 2) die Notwendigkeit, ihre Rechte geltend zu machen. Die Beklagte zu 2) hat insoweit kein Verhalten an den Tag gelegt, aufgrund dessen die Kläger davon ausgehen konnten, sie werde sich nicht auf § 2306 BGB berufen.
Ein Fall der Gesamtunwirksamkeit gemäß § 2085 BGB liegt ebenfalls nicht vor, da die Teilungsanordnung bezüglich der Beklagten zu 1) wegfallen kann, ohne dass das Gesamtgefüge betroffen wird.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass es der Erblasserin darauf ankam, das Anwesen S.höfe Nr. 8 in der Familie zu halten. Zum einen hat der Wegfall der Teilungsanordnung noch nicht zwingend zur Folge, dass es zur Teilungsversteigerung kommt und dadurch die Gefahr besteht, dass das Anwesen in fremde Hände gelangt. Die Erben haben es vielmehr selbst in der Hand, im Rahmen der Erbauseinandersetzung einen Ausgleich zu finden. Davon abgesehen obliegt es gerade nicht der Dispositionsfreiheit des Erblassers, das Pflichtteilsrecht seiner Abkömmlinge zu beeinträchtigen.
An dieser Sachlage würde sich auch nichts ändern, wenn der Auffassung der Beklagten zu folgen wäre, dass es sich um eine Erbeinsetzung zu je ¼ und die Bestimmung einer Teilungsanordnung handelt. In einem solchen Fall könnten die Kläger die Übertragung der ihnen durch Teilungsanordnung zugedachten Vermögensgegenstände nur gegen Zahlung entsprechenden Wertausgleichs verlangen.

3
Die Berufung des Beklagten zu 2) ist erfolglos, soweit er hinsichtlich seiner Widerklage den Wegfall der Zug-um-Zug-Verurteilung begehrt. Dem Beklagten zu 2) steht insoweit kein Vorausvermächtnis zu. Wie bereits oben ausgeführt, wird durch die im Testament genannten Vermögenswerte lediglich die Erbquote bestimmt. Insoweit ergibt sich bezüglich des Beklagten zu 2) nichts anderes. Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass sich die Erbquote des Beklagten zu 2) lediglich aus der ihm zugewandten Grundstücksfläche von 1000 m² berechnen sollte und ihm im Übrigen bezüglich des Wohnungseigentums in T. ein Vorausvermächtnis zukommen sollte. Hierfür spricht auch nicht der Umstand, dass dem Beklagten zu 2) ein Teil des Anwesens in T. bereits durch Überlassungsvertrag übertragen worden war. Die Verfügungen der Erblasserin sind vielmehr in ihrer Gesamtheit zu sehen. Danach sollten die beiden Kläger wertmäßig im Wesentlichen das Anwesen S.höfe Nr. 8 erhalten und der Beklagte zu 2) das Wohnungseigentum in T. zuzüglich einer Grundstücksfläche von 1000 m².

III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92, 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, da der Senat lediglich gesicherte Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall anwendet und eine Testamentsauslegung vornimmt, der keine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukommt.

 

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