Erbverzicht. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht, Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Erbverzicht
Verwandte sowie der Ehegatte des Erblassers können durch notariellen Vertrag mit dem (zukünftigen) Erblasser auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichten. Mit gesetzlichem Erbrecht ist das Erbrecht gemeint, das einem selbst dann zusteht, wenn kein Testament gemacht wurde und man in diesem nicht bedacht wurde. Wer kein Testament hat, hat trotzdem Erben, nämlich die in der gesetzlichen Erbfolge vorgesehenen. Im Normalfall sind das der Ehegatte und die Kinder. Der auf sein gesetzliches Erbreht Verzichtende fällt sodann als Erbe weg. Er ist von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen. Er wird so behandelt als sei er vor dem Erblasser verstorben und habe somit im Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr gelebt. Er kann also nicht erben und kann daher auch keinen Pflichtteil beanspruchen. Im Erbverzicht ist also der Pflichtteilsverzicht sozusagen immer mit drin enthalten. Es ist aber auch ein beschränkter Erbverzicht möglich, dass man nur auf den Pflichtteil verzichtet. Das ist dann der sog. Pflichtteilsverzicht. Hiervon zu unterscheiden ist der Zuwendungsverzicht (siehe dort unter Z.), durch den jemand gegenüber dem zukünftigen Erblasser durch Vertrag auf einen Zuwendung aus einem Testament oder Erbvertrag verzichtet.
Der Erbverzicht wird regelmäßig gegen eine Abfindung erklärt.
Achtung:
Weil der den Erbverzicht Erklärende als Vorverstorben betrachtet wird, kann es dazu kommen, dass sich dadurch die Pflichtteilquote seiner Geschwister erhöht (§ 2310 BGB). Dies ist regelmäßig unerwünscht. Daher sollte man immer nur einen Pflichtteilsverzicht, nie aber einen Erbverzicht erklären. Dies zeigt deutlich folgendes
Beispiel:
Der Erblasser E ist in zweiter Ehe verheiratet. Er hat eine Tochter B aus erster, geschiedener Ehe, die sich ganz auf die Seite der Ex-Frau geschlagen hat und mit dem Vater verfeindet ist. Die zweite Ehefrau A des Erblassers hat ebenfalls eine Tochter C, die der Erblasser nach der Heirat (Zugewinn-Ehe) adoptiert. Der Erblasser hat sich mit seiner zweiten Ehefrau A gegenseitig zum Alleinerben eingesetzt. Damit die Tochter aus zweiter Ehe C keine Ansprüche gegen die eigenen Mutter geltend machen kann, hat sie gegenüber Ihrem Adoptivvater einen Erbverzicht erklärt. Dies ist fatal. Ohne Erbverzicht, hätten sowohl B und C Pflichtteilsansprüche in Höhe von 1/8 gehabt. Durch den Erbverzicht von C gilt sie aber als Vorverstorben. C hat keine Kinder. Damit wird E nach seinem Tod so behandelt, als habe er im Zeitpunkt seines Todes nur eine Tochter gehabt, nämlich die Tochter B aus erster Ehe. Folge: Die zweite Ehefrau würde nach dem Gesetz 1/2 und die andere Hälfte des Erbes die Kinder erben. Wegen des Pflichtteilsverzichts hätte der Erblasser aber nur noch ein Kind, nämlich B. Somit beträgt der Pflichtteil von B die Hälfte aus dem halben gesetzlichen Erbteil. Die böse Töchter erhält also durch den Erbverzicht der braven Adoptivtochter den doppelten Pflichtteil, nämlich 1/4 statt nur 1/8.