Sittenwidrig

Wiederverheiratungsklausel. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.

Ist eine Wiederverheiratungsklausel im Testament sittenwidrig?

Mit der Wiederverheiratungsklausel schickt man per Berliner Testament den überlebenden Ehegatten ins Zölibat. Sie ordnet an, dass der überlebende Ehegatte bei einer neuen Ehe, das Vermögen, das er vom verstorbenen Ehepartner geerbt hat, an die Kinder herausgeben muss. Durch die Wiederverheiratungsklausel soll erreicht werden, dass den Kindern der Nachlass des erstverstorbenen Elternteils erhalten bleibt und nicht mit dem neuen Ehegatten verprasst wird.

Es gibt verschiedene Varianten von Wiederverheiratungsklauseln im Testament:

  • Bei Wiederverheiratung verliert die Witwe ganz oder teilweise ihre Erbenstellung, die an die Kinder geht; oder
  • die Vollerbschaft des überlebenden Ehegatten wird in eine Vorerbschaft mit den Kindern als Nacherben umgewandelt. Jetzt darf die Witwe das Erbe nicht mehr verbrauchen; oder
  • mit der neuen Ehe entsteht ein Vermächtnis, das die Witwe verpflichtet, das Erbe oder einen Teil davon an die Kinder herauszugeben.

Solche Klauseln wurden über Jahrzehnte verwendet. Durch die berühmte Hohenzollernentscheidung aus 2005 wurde aber Art. 6 GG, der die Eheschließungsfreiheit schützt, ins Blickfeld gerückt. Wiederverheiratungsklauseln können diese Eheschließungsfreiheit des Witwers oder der Witwe beeinträchtigen. Schließlich verliert er durch die neue Ehe seine Erbschaft an die Kinder und überlegt sich dann, ob er wirklich heiraten soll.

Im Hohenzollernfall war in einem Adeligentestament dem Erben vorgeschrieben worden nur eine Adelige, nicht aber eine Bürgerliche zu heiraten, sonst werde er das Erbe verlieren. Für das Bundesverfassungsgericht war diese Klausel verfassungswidrig, weil sie eben unzulässigerweise in das Recht auf Eheschließungsfreiheit eingreift.

Seitdem stehen Wiederverheiratungsklauseln im Sperrfeuer der Kritik. Sie sind auf jeden Fall unwirksam, wenn die Witwe so viel verliert, dass ihr nicht einmal der Pflichtteil verbleibt. Verbleibt der Witwe der Pflichtteil ist sie wirksam. Ebenso bei einer Umwandlung der Vollerbschaft in eine Vor- und Nacherbschaft.

 

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