Wie wird die Witwenrente bei der Erbschaftsteuer behandelt? Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby
Muss ich für meine Witwenrente Erbschaftsteuer bezahlen?
Nein, die kraft Gesetzes entstehenden Versorgungsansprüche Hinterbliebener unterliegen nicht der Erbschaftsteuer. Die Witwenrente wird nämlich nicht durch Erbanfall, sondern aufgrund der Gesetze erworben, die die Versorgung der Hinterbliebenen regeln. Als Hinterbliebene gelten dabei nur der mit dem Erblasser bei dessen Tod verheiratete Ehegatte und die Kinder des Erblassers. Die Witwenrente kann aber dazu führen, dass der besondere Versorgungsfreibetrag von 256.000 Euro, den das Gesetz zusätzlich zum persönlichen Freibetrag von 500.000 gewährt, gekürzt wird oder wegfällt. Doch der Reihe nach.
Keine Erbschaftsteuer fällt an für:
- Versorgungsbezüge für Hinterbliebene von Beamten aufgrund der Beamtengesetze des Bundes und der Länder
- Versorgungsbezüge, die den Hinterbliebenen von Angestellten und Arbeitern aus der gesetzlichen Rentenversicherung zustehen
- Versorgungsbezüge, die den Hinterbliebenen von Angehörigen der freien Berufe aus einer berufsständischen Pflichtversicherung bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zustehen (z.B. Versorgungswerk)
- Hinterbliebenenbezüge, die auf Tarifvertrag, Betriebsordnung, Betriebsvereinbarung, betrieblicher Übung oder dem Gleichbehandlungsgrundsatz beruhen
- Hinterbliebenenbezüge, die aufgrund eines zwischen dem Erblasser und seinem Arbeitgeber geschlossen Einzelvertrag beruhen (bis 45 % des Bruttoarbeitslohns; BFH BStBl 1981 II S. 715). Dies gilt auch für einen Gesellschafter einer Personengesellschaft, dessen Stellung „wie ein Angestellter“ ist.
Kürzung des besonderen Freibetrags wegen Witwenrente möglich
Allerdings kann die Witwenrente zur Kürzung des besonderen Freibetrages von 256.000 Euro, den § 17 ErbStG gewährt führen. Dieser Freibetrag steht der Witwe bzw. dem Witwer neben seinem persönlichen Freibetrag von 500.000 Euro zu.
§ 17 ErbStG Besonderer Versorgungsfreibetrag
(1) Neben dem Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 (von 500.000 Euro) wird dem überlebenden Ehegatten und dem überlebenden Lebenspartner ein besonderer Versorgungsfreibetrag von 256 000 EUR gewährt. Der Freibetrag wird bei Ehegatten oder bei Lebenspartnern, denen aus Anlass des Todes des Erblassers nicht der Erbschaftsteuer unterliegende Versorgungsbezüge zustehen, um den nach § 14 des Bewertungsgesetzes zu ermittelnden Kapitalwert dieser Versorgungsbezüge gekürzt.
Der besondere Versorgungsfreibetrag von 256.000 Euro wird also um den kapitalisierten Wert der nicht erbschaftsteuerbaren Hinterbliebenenbezüge gekürzt. Diese Kürzung berechnet sich nach § 14 Abs. 1 BewG mit dem Jahreswert und dem Vervielfältiger, der jährlich vom Bundesfinanzministerium veröffentlicht wird.
Erhält zum
Beispiel (Stand 2022)
eine 63jährige Witwe eine Witwenrente von 24.000 Euro p.a. hat sie einen kapitalisierten Wert von 24.000 x 13,173 = 316.152 Euro, so dass der besondere Versorgungsfreibetrag von 256.000 Euro nicht gewährt werden kann.
Erhält die die 63jährige Witwe aber monatlich nur 1.000 Euro Witwenrente, sind vom Versorgungsfreibetrag nur 158.076 abzuziehen, so dass ein Versorgungsfreibetrag von 97.925 Euro verbleibt. Erbt die Witwe also z.B. 597.925 Euro bleibt dieser Betrag wegen des persönlichen Freibetrags von 500.000 Euro und des besonderen Versorgungsfreibetrages von 97.925 Euro völlig steuerbefreit.
Vorsicht
Hinterbliebenenbezüge bei einem verstorbenen persönlich haftenden Gesellschafter einer Personengesellschaft gehen nicht auf ein Arbeitnehmer-Verhältnis zurück und sind daher erbschaftsteuerpflichtig (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG). Hier wird das jährliche Ruhegeld für die Erbschaftsteuer einerseits kapitalisiert, so dass schnell horrende Werte erreicht werden, andererseits fließt dieser horrende Wert dann auch in die Berechnung des fiktiven Zugewinnausgleichs mit ein und verhilft so wenigstens zu einem höheren steuerfreier Erwerb. Für den Ruhegeldanspruch kann statt der Besteuerung nach dem Kapitalwert auch die laufende, jährliche Besteuerung nach dem Jahreswert gewählt werden (§ 23 ErbStG).