Wohnungsrecht oder Nießbrauch? Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby
Die Übergeber sollten sich mit Wohnungsrecht oder Nießbrauch am Haus absichern und Rückholrechte vereinbaren
Wohnungsrecht oder Nießbrauch? Was ist besser?
Wer lebzeitig Vermögen verschenkt, sollte die eigene Versorgung nicht aus den Augen verlieren!
Für größere Schenkungen an die nachfolgende Generation schon zu Lebzeiten gibt es mehrere Beweggründe: Finanziell lässt sich durch eine solche Übertragung Erbschaftsteuer sparen, weil die alle zehn Jahre anfallenden Freibeträge für Kinder und Enkelkinder mehrfach ausgenutzt werden können. Auch ist es psychologisch ein gutes Gefühl für viele Menschen, die Vermögensnachfolge zumindest teilweise schon zu Lebzeiten geregelt zu haben. „Ich halte eine Kombination von lebzeitiger Vermögensübertragung und Testament für geradezu ideal.“ meint Erbrechtsanwalt Gerhard Ruby, der in der gerade erschienen Focus-Anwaltsliste zu den besten Erbrechtlern der Republik gerechnet wird.
Ein Tipp von RA Ruby
Allerdings dürfen die Schenker ihre eigene Versorgung nicht aus den Augen verlieren. Ein häufig gewählter Weg ist, dass die Eltern dem Kind die Immobilie zwar übertragen, sich jedoch ein lebenslanges Wohnungsrecht oder ein Nießbrauchrecht vorbehalten. Diese Rechte können mit einer Grundbucheintragung gesichert werden.
Im Unterschied zum Wohnungsrecht ermöglicht der Nießbraucher nicht nur das Bewohnen der Immobilie, sondern berechtigt auch zur Erzielung von Mieteinkünften. Deshalb ist dem Nießbrauch gegenüber dem Wohnungsrecht meistens der Vorzug zu geben. Denn wenn das Wohnungsrecht aus Alters – oder Krankheitsgründen einmal nicht mehr ausgeübt werden kann und die Eltern ihren Lebensabend in einem Heim oder bei einem der Kinder verbringen, lassen sich mit dem Nießbrauch Einkünfte erzielen, die unter Umständen auch für die Pflege bitter nötig sind.
Im Übrigen sollten sich die Übergeber immer ein freies Rückholrecht vorbehalten. Dann können die Eltern jederzeit und ohne Angabe von Gründen das Haus wieder auf sich umschreiben lassen, wenn bei den Kindern etwas aus dem Ruder läuft.
Steuerlich ist der Nießbrauchsvorbehalt sehr günstig, weil der Kapitalwert des Nießbrauchs vom zu versteuernden Schenkungswert der Immobilie abgezogen werden kann.
Ein Nießbrauch kann allerdings im Pflichtteilsrecht zu unerwünschten Folgen führen. Denn ein Pflichtteilsberechtigter hat zwar an einer verschenkten Immobilie keinen Anspruch mehr, wenn zwischen Schenkung und Todesfall mehr als zehn Jahre vergangen sind. Dies gilt aber nicht, wenn sich der Schenker den Nießbrauch vorbehalten hat. Die Zehnjahresfrist läuft dann gar nicht erst an. Hier sind andere Konstruktionen zu wählen, um den Pflichtteil eines „bösen“ Kindes zu mindern oder auszuschließen.
Quelle: Deutsches Forum für Erbrecht. Gerhard Ruby ist Leiter des Deutschen Forums für Erbrecht in Baden-Württemberg