Erbteilung: Ausgleich von Schenkungen bei testamentarischer Erbeinsetzung. Erklärt von Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht, Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Werden Schenkungen an die Kinder beim Erbe immer verrechnet?
Nein, das ist grundsätzlich nicht der Fall. Schenkungen werden in fast allen Fällen nicht mit dem Erbe verrechnet. Nur wenn die Verrechnung mit dem Erbe bei der Schenkung vereinbart wurde, ist die Schenkung später bei der Erbteilung zu verrechnen. Juristen nennen das Ausgleichung. In der Praxis ist es so, dass die Eltern nicht wissen, dass sie die gewollte spätere Ausgleichung bei der Schenkung mitteilen müssen. Tun Sie dies nicht – wie in 90 % der Fälle – findet später keine Verrechnung statt. Automatisch auszugleichen ist nur die sog. „Ausstattung“, also z.B. die Starthilfe für die Existenzgründung, z.B. die Gründung einer eigenen Anwaltskanzlei durch die Tochter. Aber auch da sollte das Wort „Ausstattung“ auf dem Überweisungsträger stehen oder noch besser vertraglich geregelt sein. Sie sehen: Selbst richtig schenken will gelernt sein. Ist das Kind schon in den Brunnen gefallen kann man oft noch durch Vermächtnisse für die Kinder, die keine Schenkung bekommen haben, für den gerechten Ausgleich sorgen. Der Fachanwalt für Erbrecht hilft hier bei der Testamentsgestaltung. Nachfolgend ein Beispiel wie man den Ausgleich berechnet, wenn alles richtig gemacht wurde.
Erbteilung: Ausgleich von Schenkungen bei testamentarischer Erbeinsetzung
Der Gesetzgeber will, dass Kinder grundsätzlich gleich behandelt werden. Deshalb sind bestimmte lebzeitige Zuwendungen des Vaters oder der Mutter an Einzelkinder auszugleichen, wenn andere Kinder solche Schenkungen nicht erhalten haben. Wie gesehen muss die Ausgleichung bei der Schenkung angeordnet werden. Die Ausgleichung erfolgt bei gesetzlicher Erbfolge unter allen Kindern, bei testamentarischer Erbfolge unter den Kindern, die auf den gleichen Erbteil gesetzt sind. So bestimmt es das Gesetz.
§ 2052 BGB Ausgleichungspflicht für Abkömmlinge als gewillkürte Erben
Hat der Erblasser die Abkömmlinge auf dasjenige als Erben eingesetzt, was sie als gesetzliche Erben erhalten würden, oder hat er ihre Erbteile so bestimmt, dass sie zueinander in demselben Verhältnis stehen wie die gesetzlichen Erbteile, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Abkömmlinge nach den §§ 2050, 2051 zur Ausgleichung verpflichtet sein sollen.
Bespiel:
Die Eheleute V und W sind im gesetzlichen Güterstand – also ohne Ehevertrag – verheiratet. Sie haben drei Kinder K1, K2 und K3. V stirbt. Er hat W und K3 zu je 1/3 und K1 und K2 zu je 1/6 als Erben eingesetzt.
K1 hat zu Lebzeiten von V eine ausgleichungspflichtige Zuwendung von 60 (indexiert) erhalten. Nachlass 600.
Lösung:
Ausgleichung bei testamentarischer Erbeinsetzung, § 2052 BGB
Ausgleichung nur unter K1 und K2 je 1/6, da die Mutter W kein Abkömmling ist und K3 einen anderen Erbteil erhalten hat.
Die 2/6 des realen Nachlasses für K1 und K2 betragen 200
Für K1 errechnet sich sein Ausgleichungserbteil so:
Ausgleichungsnachlass 200 + 60 Vorempfang K1 = 260
x ½ Verteilung unter K1 und K2 = 130
./. 60 Vorempfang K1 = 70 für K1
und 130 für K2
Probe: 200 W + 70 K1 + 130 K2 + 200 K3 = 600