Vormundschaft, Betreuung und Pflegschaft. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Worin unterscheiden sich eigentlich Vormundschaft, Betreuung und Pflegschaft?
Frage:
Worin unterscheiden sich Vormundschaft, Betreuung und Pflegschaft
Antwort:
Diese drei Begriffe bezeichnen unterschiedliche Rechtsinstitute (also Einrichtungen des Rechts), haben aber eine Gemeinsamkeit: Sie sind Einrichtungen der staatlichen Fürsorge und des Beistands für solche Personen, die ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise noch nicht, nicht, oder nicht mehr selbst besorgen können. Für diesen Bereich wird eine andere Person vom Gericht zum gesetzlichen Vertreter bestellt.
- die Vormundschaft wird angeordnet, wenn ein minderjähriges Kind kein Eltern mehr hat oder die Eltern die elterliche Sorge für ihr Kind nicht mehr wahrnehmen können oder nicht mehr wahrnehmen dürfen. die Vormundschaft hat die Personen- und Vermögenssorge für das sogenannte Mündel zum Gegenstand.
- die Betreuung gilt für Erwachsene, die ihre Angelegenheiten wegen einer psychischen Krankheit, körperlicher Behinderung, geistiger Behinderung oder seelischer Behinderung nicht mehr besorgen können. Dabei soll nur so wenig Betreuung wie möglich (wenn es geht nur Teilbetreuung) und nur so viel Betreuung wie nötig angeordnet werden (wenn erforderlich auch Totalbetreuung).
- die Pflegschaft bezieht sich nur auf die Besorgung einzelner Maßnahmen bzw. eines Kreises von Angelegenheiten, weil ein besonderes Schutzbedürfnis für den oder die Betroffenen besteht. Der Pfleger ist bei diesem konkreten Bedarf der gesetzliche Vertreter, der dann für den oder die Betroffenen handeln kann, wenn diese selbst nicht in der Lage sind, ihre Interessen wahrzunehmen, bzw. ein bereits vorhandener gesetzlicher Vertreter (z. B. wegen eines Insichgeschäftes) von der Vertretung ausgeschlossen ist. Es gibt verschiedene Arten von Pflegschaft:
– Leibesfruchtpflegschaft für ein bereits gezeugtes, aber noch ungeborenes Kind (§ 1912 BGB)
– Ergänzungspflegschaft für einen Minderjährigen, dessen Eltern in einem Teilbereich an der Ausübung der elterlichen Sorge verhindert sind (§ 1909 BGB)
– Abwesenheitspflegschaft für Minderjährige oder Erwachsene mit unbekanntem Aufenthalt (§ 1911 BGB)
– Pflegschaft für unbekannte Beteiligte (§ 1913 BGB)
– Pflegschaft für gesammeltes Vermögen (§ 1914 BGB)
– Verfahrenspflegschaft in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit [§ 276 FamFG (Betreuungsverfahren), § 317 FamFG (Unterbringungsverfahren), § 419 FamFG (Freiheitsentziehungssachen)].
– Prozesspflegschaft in Verfahren der streitigen Gerichtsbarkeit (§ 57 ZPO)
– Nachlasspflegschaft für unbekannte Erben (§ 1960, § 1961 BGB)
– die Gebrechlichkeitspflegschaft (seinerzeit § 1910 BGB a.F.) wurde zum 1. Januar 1992 aufgehoben und durch die rechtliche Betreuung ersetzt.