Irrtumsanfechtung bei letztwilliger Verfügung und Willenserklärung unter Lebenden. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Irrtumsanfechtung bei letztwilliger Verfügung und Willenserklärung unter Lebenden
Frage:
Worin unterscheidet sich die Anfechtbarkeit einer letztwilligen Verfügung wegen Irrtums von der Anfechtbarkeit einer Willenserklärung unter Lebenden wegen Irrtums?
Antwort:
1. Eine letztwillige Verfügung kann angefochten werden,
soweit der Erblasser
- über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte
- und anzunehmen ist, dass er die Erklärung bei Kenntnis der Sachlage nicht abgegeben haben würde
Eine Willenserklärung, die unter Lebenden abgegeben wurde,
kann nur dann angefochten werden, wenn außerdem anzunehmen ist, dass der Erklärende bei verständiger Würdigung des Falles die Erklärung nicht abgegeben haben würde. Bei Willenserklärungen unter Lebenden ist der Irrtum für die Willenserklärung also nur dann ursächlich, wenn der Erklärende unter Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse und Umstände ,bei verständiger Würdigung des Falles die Willenserklärung nicht abgegeben hätte. Eine etwaige Willkür, Eigensinn und Unverstand des Erklärenden sind also unerheblich. Es ist also unter Anlegung eines objektiven Maßstabes zu entscheidend ob gerade dieser Erklärende bei verständiger Würdigung des Falles die Willenserklärung nicht abgegeben hätte.
Bei Verfügungen von Todes wegen spielt dieser objektive Maßstab keine Rolle.
2. Eine letztwillige Verfügung kann ferner angefochten werden,
soweit der Erblasser zu der Verfügung durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstandes bestimmt worden ist. Es reicht für die Anfechtung also ein Irrtum im Beweggrund aus, während bei einer Willenserklärung unter Lebenden die Anfechtung wegen eines Irrtums im Beweggrund unzulässig ist. Das ist zum
Beispiel
der Fall, wenn der Erblasser annimmt, der Bedachte werde dauerhaft bestimmte Dienste erbringen oder ihn betreuen und pflegen, der Bedachte dies aber nicht tut. Ein Testament kann wegen dieses Irrtums angefochten werden, ein lebzeitig geschlossener Vertrag nicht.
§ 2078 BGB Anfechtung wegen Irrtums oder Drohung
(1) Eine letztwillige Verfügung kann angefochten werden, soweit der Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er die Erklärung bei Kenntnis der Sachlage nicht abgegeben haben würde.
(2) Das Gleiche gilt, soweit der Erblasser zu der Verfügung durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstands oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist.
(3) Die Vorschrift des § 122 findet keine Anwendung.§ 119 BGB Anfechtbarkeit wegen Irrtums
(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.