Berliner Testament: Was sind wechselbezügliche Verfügungen?
Berliner Testament: Was sind wechselbezügliche Verfügungen?
Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht
Zunächst: Was sind Verfügungen?
Verfügungen, sind die Bestimmungen, die die Ehegatten in ihrem Testament getroffen haben, z.B. dass sie sich zu Erben einsetzen.
Was sind wechselbezügliche Verfügungen?
Wechselbezügliche Verfügungen haben besondere Voraussetzungen und besondere (oftmals als gefährlich oder lästige empfundene) Wirkungen.
Folgen von wechselbezüglichen Verfügungen sind:
- Ist eine Verfügung unwirksam, fällt auch die andere Verfügung, die in Wechselbezug steht, weg.
- Wird eine wechselbezügliche Verfügung widerrufen, fällt auch die andere Verfügung weg.
- Wechselbezügliche Verfügungen können nach dem Tod eines Ehegatten normalerweise nicht mehr durch eine neues Testament abgeändert werden können.
Die einzelnen Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament sind häufig so verknüpft, dass sie „miteinander stehen und fallen sollen“. Dieses „Miteinander-stehen-und-fallen“ ist das charakteristische Merkmal für wechselbezügliche Verfügungen. § 2270 BGB regelt dies.
§ 2270 BGB Wechselbezügliche Verfügungen (1) Haben die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament Verfügungen getroffen, von denen anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde, so hat die Nichtigkeit oder der Widerruf der einen Verfügung die Unwirksamkeit der anderen zur Folge. (2) Ein solches Verhältnis der Verfügungen zueinander ist im Zweifel anzunehmen, wenn sich die Ehegatten gegenseitig bedenken oder wenn dem einen Ehegatten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fall des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahe steht. (3) Auf andere Verfügungen als Erbeinsetzungen, Vermächtnisse oder Auflagen findet die Vorschrift des Absatzes 1 keine Anwendung.
Beispiel 1: Die Eheleute setzen sich gegenseitig zu Alleinerben ein (Merksatz: Ich setze dich ein, weil du mich einsetzt).
Beispiel 2: Die gegenseitige Alleinerbeneinsetzung steht auch im Wechselbezug mit der Schlusserbeneinsetzung der gemeinsamen Kinder nach dem Tod des überlebenden Ehegatten. (Merksatz: Ich setze dich aber auch deshalb zum Alleinerben ein, weil du unsere Kinder nach deinem Tod zu Deinen Erben einsetzt, wenn du mich überlebst).
Ob Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament im Verhältnis der Wechselbezüglichkeit zueinander stehen oder nicht, entscheidet der Wille der Testierenden. Wenn die Eheleute nicht ausdrücklich die Wechselbezüglichkeit ihrer Verfügungen festlegen, muss ihr Wille ausgelegt werden. Es kann sich ergeben, dass nur Teile einer Verfügung wechselbezüglich sind, andere jedoch nicht und dass zwar die Abhängigkeit der Verfügung des einen Ehegatten auf die des anderen bezogen sind, dass dies aber im umgekehrten Verhältnis nicht gelten soll. Dann ist von einer einseitigen Abhängigkeit die Rede.