Sind Pflichtteilsrecht und Pflichtteilsanspruch dasselbe? Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht
Sind Pflichtteilsrecht und Pflichtteilsanspruch dasselbe?
Nein, Pflichtteilsrecht und Pflichtteilanspruch sind nicht dasselbe. So können Personen durchaus pflichtteilsberechtigt sein, ohne Pflichtteilsansprüche zu haben. Zum Beispiel ist der Sohn als Alleinerbe seines Vaters zwar pflichtteilsberechtigt, aber er hat keine ordentlichen Pflichtteilsansprüche gegen den Nachlass, weil er ohnehin den gesamten Nachlass erhält. Interessant ist, dass er als Alleinerbe sog. Pflichtteilsergänzungsansprüche haben kann. Diese errechnen sich aus einem fiktiven Nachlass, der sich aus der Addition der Werte der Schenkungen des Erblassers aus dem Jahrzehnt vor seinem Tod oder aus Ehegattenzuwendungen errechnet.
Pflichtteilsberechtigt sind in der Regel die Kinder und der Ehegatte des Verstorbenen. Hatte der Verstorbenen keine Kinder, können seine Eltern dann pflichtteilsberechtigt sein, wenn sie noch leben.
Das Pflichtteilsrecht ist also die Quelle von pflichtteilsrechtlichen Ansprüchen, als da sind:
- (ordentlicher) Pflichtteilsanspruch, der sich aus dem realen Nachlass errechnet
- Pflichtteilsrestanspruch eines Miterben, der zwar einen Erbteil erhält (z. B. 1/8), der aber unter seinem Pflichtteil (z.B. 1/4) liegt, so dass er den Rest (von 1/8) als Pflichtteilsrestanspruch neben dem Erbteil verlangen kann.
- Pflichtteilsergänzungsanspruch, den ein Pflichtteilsberechtigter sogar als Erbe haben kann, und zwar wegen Schenkungen des Erblassers an andere, wodurch der Nachlass geschmälert wurde
- Reicht das dem Zugriff des Pflichtteilsergänzungsgläubigers unterliegende Erbe zur Erfüllung der Pflichtteilsansprüche nicht aus, hat er insoweit einen Pflichtteilsergänzungsanspruch auch gegen den Beschenkten.