Die Beschwerde im Erbscheinsverfahren. Erklärt von Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht, Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Die Beschwerde im Erbscheinsverfahren
Sie benötigen einen Erbschein. Den bekommen sie beim Amtsgericht. Sie müssen dazu ein Erbscheinsverfahren einläuten. Das geschieht dadurch, dass Sie einen beim Nachlassgericht als Abteilung des Amtsgerichts einen Erbschein beantragen, der sie als Erben ausweist. Den Antrag stellen Sie direkt beim Amtsgericht oder über einen Notar. Wird der beantragte Erbschein erteilt, ist aus Ihrer Sicht alles gut. Was aber wenn Ihr Erbscheinsantrag zurückgewiesen wird?
Beschwerde
Wird Ihr Erbscheinsantrag vom Amtsgericht zurückgewiesen können Sie hiergegen Beschwerde einlegen. Die Beschwerde müssen Sie bei dem Amtsgericht einlegen, das Ihren Erbscheinsantrag zurückgewiesen hat. Die Frist zur Einreichung der Beschwerde beträgt einen Monat, seitdem Ihnen der Beschluss schriftlich bekannt gegeben wurde, mit dem Ihr Erbscheinantrag zurückgewiesen wurde. Sie können Ihre Beschwerde übrigens mit neuen Tatsachen und Beweismitteln begründen.
Amtsgericht
Das Nachlassgericht (Amtsgericht) hat jetzt zwei Möglichkeiten.
§ 68 FamFG Gang des Beschwerdeverfahrens
Paragraph 68 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. …
Das Nachlassgericht kann jetzt entweder seine angegriffene Entscheidung korrigieren und der Beschwerde abhelfen. Das wird es tun, wenn es die Beschwerde für begründet hält. Hält das Nachlassgericht die Beschwerde für unbegründet erlässt es einen sog. „Nichtabhilfebeschluss“ und legt die Akte an das zuständige Oberlandesgericht vor.
Oberlandesgericht
Ist die Beschwerde aus Sicht des Oberlandesgerichts begründet, hebt es den Beschluss des Amtsgerichts auf. Das Oberlandesgericht ist aber nicht befugt selber als Nachlassgericht zu entscheiden. Einen Erbschein kann aber nur das Nachlassgericht erteilen. Der Erbschein muss also trotzdem durch das Nachlassgericht erteilt werden. Das Oberlandesgericht weist deshalb das Amtsgericht an, den beantragten Erbschein zu erteilen, falls alles in Ihrem Sinne läuft.
Das Amtsgericht ist an die Beurteilung Ihres Falles durch das Oberlandesgericht gebunden. Es muss dann also den Erbschein erteilen, wenn das Oberlandesgericht die Sache in Ihrem Sinne beurteilt.
Hält dagegen auch das Oberlandesgericht Ihren Antrag und Ihre Beschwerde für unbegründet, weist es Ihre Beschwerde selber zurück.
Zurückverweisung an das Amtsgericht
Es gibt aber auch noch eine andere Möglichkeit, wie das Oberlandesgericht entscheiden kann. Es kann nämlich den Beschluss des Amtsgerichts aufheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverweisen.
Eine Zurückverweisung an das Amtsgericht erfolgt, wenn dem Amtsgericht im Erbscheinsverfahren ein wesentlicher Verfahrensfehler unterlaufen ist und zur Entscheidung eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt. Es müssen also drei Voraussetzungen vorliegen Verfahrensfehler + Beweisaufnahme + Antrag. Die Zurückverweisung an das Amtsgericht erfolgt also nie automatisch (oder „von Amts wegen“ wie der Jurist sagt). Allerdings kann das Oberlandesgericht die Beteiligten auf das Vorliegen eines Zurückverweisungsgrundes hinweisen. Dann können die Beteiligten nach diesem Hinweis den erforderlichen Antrag immer noch stellen, dass die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen wird.
Sind die Beteiligten aber mit einer Entscheidung des Oberlandesgerichts in der Sache einverstanden, ist das Oberlandesgericht hieran gebunden.
Wird die Sache allerdings an das Amtsgericht zurückverweisen, muss es die Rechtsmeinung des Oberlandesgerichts, die diese in der Begründung seiner Entscheidung mitgeteilt hat, befolgen.