Erbenbesitz: Besitzen, ohne es zu wissen. Erklärt von Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht, Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Erbenbesitz: Besitzen, ohne es zu wissen
§ 857 BGB Vererblichkeit
Der Besitz geht auf den Erben über.
Nach dem Gesetz ist auch der Besitz vererblich. Der Besitz geht auf den Erben über, und zwar genauso, also genau in der Qualität wie ihn der Erblasser besaß, das heißt als
- Eigenbesitz,
- Fremdbesitz (für einen anderen), Alleinbesitz,
- Mitbesitz,
- unmittelbarer Besitz,
- mittelbarer Besitz.
Einer Besitzergreifung durch den Erben bedarf es für den Besitzübergang nicht. Der Erbe braucht von dem Erbfall gar nichts zu wissen. Der Besitz geht automatisch kraft Gesetzes über.
Mit dem Erbfall steht dem Erben schon der Besitzschutz nach dem Gesetz zu. Wer Nachlasssachen ohne Einverständnis des Erben an sich nimmt, begeht verbotene Eigenmacht. Dem Erben stehen dann die Ansprüche wegen Besitzentziehung und Besitzstörung zu, d.h. er kann die Wiedereinräumung des Besitzes und die Beseitigung der Besitzstörung verlangen.
Praxistipp:
Vor allem aber kommt dem Erben zugute, dass niemand an einer Sache Eigentum erwerben kann, die dem Erben als Besitzer abhanden gekommen ist. Nachlasssachen, die eine Person an sich nimmt, ohne dass der Erbe dem zustimmt, sind dem Erben abhanden gekommen. Man kann an solchen abhanden gekommenen Sachen kein Eigentum erwerben, selbst wenn man glaubt, dass derjenige, der sie verkauft Eigentümer der Sache ist. Ein gutgläubiger Erwerb an dem Erben abhanden gekommenen Sachen ist nicht möglich. Der Erbe kann also von demjenigen, der die abhanden gekommene Sache gekauft hat, die Herausgabe des gekauften Gegenstandes verlangen. Das kommt öfters vor als man denkt. Oft verkauft ein Miterbe, der am Ort des Verstorbenen lebt, ein Auto oder sonst einen Gegenstand an jemanden ohne dass die anderen Miterben davon wissen. Dann kann jeder Miterbe vom Käufer die Herausgabe der Sache an die Erbengemeinschaft verlangen.