Manche Kinder haben Schulden bei ihren Eltern, andere nicht. Wenn die Eltern mit ihrem Tod den Kindern die Schulden erlassen wollen, ist das Erlassvermächtnis der richtige Weg. So wie man Forderungen vermachen kann, kann man auch die Befreiung von einer Schuld vermachen. Erklärt von Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Zum Beispiel kann man im Testament schreiben:
Erlassvermächtnis: Mir steht eine Darlehensforderung in Höhe von 20.000 Euro nebst 2 % Zinsen p.a. hieraus gegen meinen Sohn Berthold Müller zu. Sofern bei meinem Ableben diese Forderung samt Zinsen noch nicht vollständig getilgt sein sollte, erlasse ich Berthold die restliche Forderung.
Auf diese Gestaltungsmöglichkeit, die in der Praxis nicht selten übersehen oder verkannt wird, sollte im Rahmen der erbrechtlichen Beratung hingewiesen werden.
Das ist im Gesetz zwar nicht extra geregelt, ergibt sich aber aus der Regelung des Forderungsvermächtnisses.
§ 2173 BGB Forderungsvermächtnis Hat der Erblasser eine ihm zustehende Forderung vermacht, so ist, wenn vor dem Erbfall die Leistung erfolgt und der geleistete Gegenstand noch in der Erbschaft vorhanden ist, im Zweifel anzunehmen, dass dem Bedachten dieser Gegenstand zugewendet sein soll. War die Forderung auf die Zahlung einer Geldsumme gerichtet, so gilt im Zweifel die entsprechende Geldsumme als vermacht, auch wenn sich eine solche in der Erbschaft nicht vorfindet.
Wie funktioniert das?
Juristen denken logisch und folgerichtig. Man spricht hier von Dogmatik. Dogmatisch funktioniert ein Vermächtnis zur Schuldbefreiung so, dass die Forderung gegen das Schuldnerkind zunächst an die Erben übergeht. Die Forderung, die dem Erblasser zustand, steht jetzt der Erbengemeinschaft zu. Durch das Erlassvermächtnis wird der Erbengemeinschaft die Verpflichtung auferlegt, den Schuldner von seiner Schuld zu befreien. Das geschieht durch einen Erlassvertrag, der schriftlich oder mündlich geschlossen werden kann. Am Besten macht man das schriftlich; denn: Wer schreibt, der bleibt.
Schuld erlischt nicht automatisch
Für den Schuldner ist das Erlassvermächtnis eine feine Sache. Er hat nach dem Erbfall das Recht, von den Erben die Befreiung von seiner Schuld zu verlangen. Die Befreiung von der Schuld erfolgt also nicht automatisch. Sie muss von den Erben verlangt werden. Man schließt dazu einen Erlassvertrag nach § 397 BGB.
§ 397 BGB Erlassvertrag, negatives Schuldanerkenntnis
(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erlässt.
(2) Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, dass das Schuldverhältnis nicht bestehe.
Schuldbefreiung gegenüber der Bank möglich?
Der Erblasser kann auch anordnen, dass die Erben ein verschuldetes Geschwister von seinen Schulden gegenüber einer Bank befreien müssen. Das ist möglich. Dann müssen die Erben alles ihnen Mögliche tun, um die Befreiung ihres verschuldeten Geschwisters oder Enkels gegenüber der Bank zu erreichen. Sie können natürlich die Schuld bezahlen. Möglich ist aber auch, dass sie die Schuld anstelle des Schuldners gegenüber der Bank übernehmen, sofern die Bank mitmacht.
Solch ein Vermächtnis könnte im Testament so aussehen:
Befreiungsvermächtnis: Mein Enkel Stefan Müller hat gegenüber der Volksbank Stuttgart Darlehensverbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag Nr. 12345. Meine Erben haben die bei meinem Tod von Stefan noch nicht zurückgezahlten Darlehensbeträge einschließlich Zinsen aus dem vorgenannten Darlehensvertrag an die Volksbank Stuttgart zu zahlen.
Sonst noch was?
Der Schuldner, der über ein Vermächtnis von seiner Schuld befreit wurde, kann neben dem Erlassvertrag noch verlangen, dass ihm geleistete Sicherheiten (z.B. ein Pfand) oder ein unterschriebener Schuldschein zurückgegeben werden.
Und wenn die erlassene Schuld schon bezahlt war?
Hat der Schuldner, die ihm testamentarisch erlassene Schuld, schon zu Lebzeiten des Erblassers bezahlt, stellt sich die Frage wie das Erlassvermächtnis jetzt wirkt. Dann verwandelt sich das Erlassvermächtnis in ein Forderungsvermächtnis. Der Schuldner kann den erlassenen Schuldbetrag dann in aller Regel als Forderung von den Erben fordern.
Wie klagt man ein Erlassvermächtnis ein?
Wenn die Erbengemeinschaft keinen Erlassvertrag schließen will, muss man – wie immer, wenn ein anderer seinen Pflichten nicht nachkommt – zu Gericht ziehen. Die beklagten Erben werden dann verurteilt die Schuld des Klägers zu erlassen. Das Urteil ersetzt dann die Zustimmung der Beklagten zum Erlassvertrag.