Klage des Pflichtteilsberechtigten gegen Erben und Beschenkten möglich. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby
Zwei Stufenklagen des Pflichtteilsberechtigten gegen Erben und Beschenkten zugleich möglich
Ein Pflichtteilsberechtigter kann zugleich in einem Prozess zwei Stufenklagen gegen den Erben auf Pflichtteils(ergänzung) und gegen die Beschenkten aus § 2329 BGB erheben. Die beiden Klagen dürfen vom Gericht nicht getrennt werden, weil sonst die Gefahr widersprechender Entscheidungen besteht, nämlich zum Beispiel im Prozess gegen den Erben, dass der Nachlass wertlos sei und keine Geschenke des Erblassers vorlägen im Prozess gegen den Beschenkten hingegen, dass der Wert des Nachlasses ausreichend sei, um die Pflichtteilsergänzungsansprüche wegen der Schenkungen zu erfüllen. Diese Gefahr besteht ohne die Trennung der Verfahren nicht.
Auch darf das Gericht die Stufenklage gegen den Beschenkten nicht „als derzeit unbegründet”. Über sie ist genauso stufenweise zu entscheiden wie über die Klagen gegen den Erben. Für die gleichzeitige Erhebung von Stufenklagen auf den Pflichtteil und dessen Ergänzung gegen Erben und Beschenkte genügt, solange der Pflichtteilsberechtigte noch Auskunft über den tatsächlichen Bestand des Nachlasses und ergänzungspflichtige Geschenke seitens des Erblassers verlangt, die dann stets gegebene Möglichkeit, dass ihm sowohl die Erben als auch die Beschenkten jeweils teilweise für die Ergänzung des Pflichtteils haften.
Beachte:
Auf Auskunft gegen den Beschenkten kann nach § 2314 BGB analog geklagt werden, wenn der Erbe selbst zur Auskunft nicht in der Lage ist. Der Wertermittlungsanspruch folgt aus § 242 BGB, wobei der Anspruchsteller die Kosten zu tragen hat.
Diese für den Auskunftsanspruch gegen den Beschenkten anerkannte Rechtslage wurde vom OLG Celle auf den Anspruch auf Leistung der Ergänzung ausgedehnt.
Die Tatsache, dass das Bestehen dieses Anspruchs durch das Nichtbestehen desjenigen gegen den Erben aufschiebend bedingt ist, hindert den Pflichtteilsberechtigten nicht, schon im Interesse, die Verjährung, welche für den Beschenkten kürzer ist als für den Erben (§ 2332 Abs. 1, § 199 Abs. 1 BGB), zu hemmen, beide gleichzeitig zu verklagen, ohne dass es eine rechtliche Handhabe gibt, die Klage gegen den Beschenkten abzuweisen, nur weil der gegen ihn gerichtete Anspruch bedingt ist. Denn die Klage selbst ist unbedingt erhoben.
Quelle und zur Vertiefung: OLG Celle vom 12. 11. 2012, 6 U 33/1221 in ZEV 2013, 43