Pflichtteilslast des Enkels. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Pflichtteilslast des Enkels, der anstelle der Tochter erbt
Erben haften gegenüber Pflichtteilsberechtigten als Gesamtschuldner. D.h., dass der Pflichtteilsberechtigte von jedem einzelnen Miterben die gesamte Pflichtteilsschuld verlangen kann. Sind drei Miterben A, B und C vorhanden, kann der Pflichtteilsberechtigte P seinen Pflichtteil von z.B. 90.000 Euro von jedem dieser einzelnen Miterben voll verlangen. Wie sieht das dann aber im Innenverhältnis zwischen A, B und C aus. Angenommen C muss an P die vollen 90.000 Euro auszahlen, kann er dann von A und B jeweils 30.000 Euro zurückverlangen? Das ist die Frage nach der Pflichtteilslast. Im Innenverhältnis tragen die Erben die Pflichtteilslast nach den Regeln der Gesamtschuld. Hier ist § 426 Abs. 1 S. 1 BGB maßgeblich:
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.
Sind A, B und C Miterben zu je 1/3 geht das auch gerecht auf, wenn A und B an C je 30.000 Euro zurückzahlen.. Was gilt aber, wenn A z.B. zu 2/3 und B und C nur zu je 1/6 Miterben sind. Dann wäre eine Aufteilung der Pflichtteilslast nach Kopfteilen zu je 1/3 höchst ungerecht. Gerecht wäre eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Erbteile. A der 2/3 = 4/6 erbt, während B und C nur 1/6 erben, müsste folglich gerechterweise auch vier mal so viel von der Pflichtteilslast tragen wie B und C, also 60.000 Euro und B und C nur je 15.000 Euro. So sieht es das Gesetz auch vor („soweit nichts anderes bestimmt ist“).
§ 2038 BGB, der die gemeinschaftliche Verwaltung des Nachlasses durch die Miterben regelt, verweist in seinem zweiten Absatz auf
§ 748 BGB Lasten- und Kostentragung
Jeder Teilhaber ist den anderen Teilhabern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstands sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen.
Der Miterbe C kann in unserem Beispiel im Innenverhältnis von A und B also anteilige Erstattung des von ihm gezahlten Pflichtteils nach dem Verhältnis der Erbteile verlangen.
Zwar kann der Erblasse ein anderes Verhältnis als das der Erbquoten für die Erstattung des Pflichtteils bestimmen. Das kommt aber so gut wie nie vor.
Das ist die Grundregel. Die §§ 2318 bis 2323 BGB enthalten allerdings Sonderregeln zur Verteilung der Pflichtteilslast.
Weiteres Beispiel zur Pflichtteilslast
Frage:
Mein verwitweter Großvater ist gestorben. Er hatte zwei Kinder, nämlich meine Mutter und meinen Onkel. Mein Onkel und ich sind zu je 1/2 Erbe geworden. Mein Großvater hatte nämlich meine Mutter nach § 1938 BGB enterbt. Aufgrund des Gesetzes sind dann mein Onkel und ich zu je 1/2 Erbe geworden. Jetzt verlangt meine Mutter den Pflichtteil. Mein Onkel meint, den Pflichtteil solle ich aus meiner Hälfte zahlen. Ist das richtig?
Antwort:
Ihr Onkel hat recht. Lesen Sie bitte
§ 2320 BGB (Pflichtteilslast des an die Stelle des Pflichtteilsberechtigten getretenen Erben)
(1) Wer anstelle des Pflichtteilsberechtigten gesetzlicher Erbe wird, hat im Verhältnis zu Miterben die Pflichtteilslast und, wenn der Pflichtteilsberechtigte ein ihm zugewendetes Vermächtnis annimmt, das Vermächtnis in Höhe des erlangten Vorteils zu tragen.
(2) Das Gleiche gilt im Zweifel von demjenigen, welchem der Erblasser den Erbteil des Pflichtteilsberechtigten durch Verfügung von Todes wegen zugewendet hat.
Erläuterung:
1. § 2320 regelt für das Verhältnis der Miterben untereinander, dass die Pflichtteilslast von demjenigen Miterben zu tragen ist, der den Erbteil erhalten hat, der nach den gesetzlichen Erbfolge eigentlich dem Pflichtteilsberechtigten zustand. Nach außen haften die Miterben also weiterhin als Gesamtschuldner, so dass der Pflichtteilsberechtigte jeden in Anspruch nehmen kann. Im Innenverhältnis besteht aber eine Verpflichtung des vorgenannten Miterben gegenüber den anderen Miterben, dass er den Pflichtteilsberechtigten befriedigt. Wurde der Pflichtteilsanspruch aus dem ungeteilten Nachlass befriedigt, entsteht ein entsprechender Ausgleichungsanspruch der Miterben, der bei der Erbauseinandersetzung zu berücksichtigen ist.
2. Das Gesetz unterscheidet zwei Fälle, nämlich (a) ob der Miterbe anstelle des Pflichtteilsberechtigten gesetzlicher Miterbe wurde oder ob (b) seine Miterbenstellung auf einer Verfügung von Todes wegen beruht.
a) Beispiel für (a): Der Erblasser hinterlässt K1 und K2. K1 ist enterbt, hat aber ein Kind E (wie Enkel), das anstelle von K1 gesetzlicher Erbe wird. Es erben E1 und K2 zu je 1/2. E1 hat im Innenverhältnis zu K2 die Pflichtteilslast hinsichtlich K1 alleine zu tragen.