Was ist die „Jastrow’sche Klausel“? Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby. Konstanz, Radolfzell, Villingen, Rottweil
Was ist die „Jastrowsche Klausel“?
Die Jastrow’sche Klausel (benannt nach dem Verfasser eines Aufsatzes in der Deutschen Notarzeitschrift 1904, Seite 424 ff., in dem sie erstmals vorgeschlagen wurde) ist eine Gestaltungsmöglichkeit im Rahmen von gemeinschaftlichen Testamenten (siehe: Berliner Testament) nach deutschem Erbrecht, die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen möglichst zu unterbinden.
1. Problemhintergrund
Bei der gegenseitigen Einsetzung der Ehepartner als Erben werden deren Abkömmlinge von der Erbfolge ausgeschlossen, bis auch der überlebende Ehegatte stirbt. Den Abkömmlingen steht jedoch zum Zeitpunkt des Versterbens des ersten Ehegatten noch der (nur in wenigen Fällen durch Pflichtteilsentziehung ausschließbare) Pflichtteilsanspruch aus § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Der Pflichtteilsanspruch ist auf Geldzahlung gerichtet. Das ist oftmals problematisch, besonders wenn der Nachlass vorwiegend aus Immobilien etc. besteht, die eigentlich dem überlebenden Ehegatten erhalten bleiben sollten. Deshalb nimmt man so genannte Pflichtteilsstrafklauseln in das gemeinschaftliche Testament auf, um die Geltendmachung der Ansprüche möglichst zu unterbinden.
Nach der Pflichtteilsstrafklausel wird ein Abkömmling, der beim Tode des Erstversterbenden den Pflichtteil fordert, auch beim Tod des Letztversterbenden nur den Pflichtteil bekommen. Der Abkömmling soll damit von der Forderung des Pflichtteils abgehalten werden.
2. Inhalt
Die Jastrow’sche Formel bedeutet eine weitere Verschärfung der vorstehend beschriebenen, sog. einfachen Pflichtteilsstrafklausel. Danach erhalten diejenigen Abkömmlinge, die nach dem erstversterbenden Elternteil keinen Pflichtteil geltend machen, zusätzlich zu ihrem Erbteil nach dem überlebenden Elternteil Vermächtnisse nach dem erstversterbenden Elternteil in Höhe ihrer gesetzlichen Erbteile.
3. Wirkung
Durch die Geltendmachung des Pflichtteils erhalten die anderen Abkömmlinge Vermächtnisse in Höhe ihrer gesetzlichen Erbteile. Der den Pflichtteil Beanspruchende wird also nicht nur von der Erbfolge ausgeschlossen, sondern der Nachlass des Letztversterbenden wird durch die gestundeten Vorausvermächtnisse der anderen Abkömmlinge gemindert, so dass der Pflichtteil nach dem Letztversterbenden geringer ausfällt. Teilweise wird auch vorgeschlagen, die Vorausvermächtnisse zu verzinsen. Dies muss aber sorgfältig bedacht werden, da nicht unerhebliche Einkommensteuer auflaufen kann.
4. Zulässigkeit
Ob die Jastrow’sche Formel zulässig ist und ob sie im Erbfall tatsächlich die gewünschten Folgen zeigt, ist bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden. Von ihrer Zulässigkeit kann aber ausgegangen werden.