MERKBLATT ZUR AUSKUNFTSPFLICHT NACH § 2028 BGB (HAUSGENOSSEN-AUSKUNFT)
Zweck der Vorschrift: § 2028 BGB gibt dem Erben (bzw. Miterben, Nachlasspfleger, Testamentsvollstrecker etc.) das Recht, Auskunft von Personen zu verlangen, die zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben. Ziel ist es, Informationen in doppelter Hinsicht zu erlangen, nämlich
- über den Verbleib von Nachlassgegenständen und
- etwaige erbschaftsbezogene Geschäfte
zu erhalten.
1. Wer ist auskunftspflichtig?
- Jede Person, die zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft lebte.
- Dies umfasst auch:
- Familienangehörige,
- Lebensgefährten,
- Pflegekräfte,
- Hausangestellte,
- Dienstboten,
- Mieter oder Untermieter mit engem Kontakt,
- auch Miterben.
- Eine rechtliche oder vertragliche Bindung ist nicht erforderlich.
2. Was ist eine häusliche Gemeinschaft?
- Ein Zusammenleben in räumlicher und wirtschaftlicher Verbindung.
- Kurzfristiges Zusammenwohnen in den letzten Tagen des Erblassers kann ausreichen, z.B. als Pflegekraft.
3. Was umfasst die Auskunftspflicht? Die Auskunft erstreckt sich auf zwei Bereiche:
a) Geführte erbschaftsbezogene Geschäfte
- Handlungen, die der Verwaltung oder Verfügung über Nachlassgegenstände dienten, z.B.:
- Einziehung von Forderungen,
- Verkauf von Gegenständen,
- Zahlung von Rechnungen,
- Veranlassung von Reparaturen.
b) Verbleib von Nachlassgegenständen
- Auch solche, die bereits vor dem Tod verschwanden, sofern sie noch dem Erblasser gehörten.
- Auch der wirtschaftliche Verbleib ist mitzuteilen (z. B. bei eingezogenen Forderungen).
- Keine Auskunft ist zu erteilen über rechtmäßig verschenkte Gegenstände.
- Eine Nachforschungspflicht besteht nicht, aber es ist alles – aber auch nur – mitzuteilen, was bekannt ist.
- Die Auskunftspflicht erstreckt sich nur auf das, was dem Hausgenossen über den Verbleib bekannt ist, geht also nur so weit, wie sein Wissen reicht
- Wertlosigkeit eines Gegenstands befreit nicht von der Auskunftspflicht.
4. Form der Auskunft
- Eine Auskunft liegt nur vor, wenn bewusst zur Erfüllung der gesetzlichen Pflicht Auskunft erteilt wird.
- Reines Bestreiten der Pflicht oder des Wissens ist keine Auskunft.
- Auch verneinende Auskünfte können genügen, wenn klar formuliert.
5. Eidesstattliche Versicherung (§ 2028 Abs. 2 BGB)
- Kann verlangt werden, wenn der Erbe berechtigte Zweifel an der Sorgfalt der Auskunft hat.
- Inhalt: Versicherung, dass die Angaben nach bestem Wissen vollständig gemacht wurden.
- Zuständig ist das Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
- Eine falsche eidesstattliche Versicherung ist strafIchbar.
6. Keine Pflicht zur Erstellung eines Bestandsverzeichnisses
- Anders als bei § 2027 BGB: Der Hausgenosse muss kein Verzeichnis über den gesamten Nachlass erstellen.
7. Verjährung
- Die Auskunftspflicht nach § 2028 BGB verjährt in 30 Jahren ab Entstehung.
8. Beweislast
- Der Erbe muss darlegen:
- Dass er Erbe ist.
- Dass der Verpflichtete mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft lebte.
- Für die eidesstattliche Versicherung: begründete Zweifel an der Sorgfalt der Auskunft.
Hinweis für Auskunftspflichtige: Bitte geben Sie Ihre Auskunft wahrheitsgemäß und vollständig ab. Sie dient nicht zur Schuldzuweisung, sondern zur Aufklärung des Verbleibs von Nachlassgegenständen. Bei Zweifeln können Sie rechtlichen Rat einholen. Eine unvollständige oder unzutreffende Auskunft kann eidesstattlich versichert werden müssen und strafrechtliche Konsequenzen haben.
Wann greift § 2028 BGB?
- Voraussetzung: Der Hausgenosse lebte zum Zeitpunkt des Erbfalls mit dem Erblasser in einem Haushalt.
- Pflicht: Auf Verlangen eines Erben muss er Auskunft geben.
- Zweck: Der Erbe soll sich ein klares Bild vom Nachlass verschaffen können.
Was genau muss offengelegt werden?
- Geführte erbschaftliche Geschäfte (z. B. Haushaltsauflösung, Kontoverfügungen)
- Verbleib von Nachlassgegenständen (z. B. Schmuck, Bargeld, Dokumente)
- Keine Pflicht zur Erstellung eines vollständigen Nachlassverzeichnisses
- Keine Pflicht zur Recherche – aber Offenbarung des bekannten Wissens
✅ Merksatz:
Der Hausgenosse ist kein Ermittler, sondern Auskunftsquelle für bereits vorhandenes Wissen.
Wie weit reicht die Pflicht?
- Die Auskunft ist auf das eigene Wissen beschränkt.
- Bei Zweifeln an der Sorgfalt: Eidesstattliche Versicherung kann verlangt werden.
- Die Pflicht trifft auch Lebensgefährten, Hausangestellte oder länger anwesende Besucher.
Was passiert bei Auskunftsverweigerung?
- Der Erbe kann auf Auskunft klagen.
- Zwangsgeld oder Zwangshaft können durch das Gericht angeordnet werden.
- Falsche eidesstattliche Angaben können strafrechtliche Folgen haben.
✅ Kernsatz:
Verweigert der Hausgenosse die Auskunft, drohen Zwangsmittel und ggf. strafrechtliche Konsequenzen.
Besonderheiten der Auskunftspflicht
- Höchstpersönlicher Anspruch: Erlischt mit dem Tod des Hausgenossen.
- Verjährung: Nach 30 Jahren, beginnend mit dem Erbfall.
- Keine Pflicht zur Auskunft über verschenkte Gegenstände.
✅ Kernsatz:
§ 2028 BGB unterscheidet sich von § 2027 BGB: Es geht um gelebte Gemeinschaft, nicht um angemaßte Erbenstellung.