Das Ehegattentestament kann nicht geheim widerrufen werden. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Das Ehegattentestament kann nicht geheim widerrufen werden
Eheleute können ein gemeinschaftliches Testament errichten, das fast wie ein Vertrag wirkt. Einer schreibt den Inhalt und unterschreibt und der andere Ehegatte unterschreibt mit. Diese einfache Form ein gemeinschaftliches Testament zu errichten steht nur Ehegatten zu. Die bekannteste Form ist die des Berliner Testaments, in dem sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben einsetzen und die gemeinsamen Kinder als Schlusserben.
Die Besonderheit im gemeinschaftlichen Testament ist, dass wechselbezügliche Verfügungen getroffen werden. So setzt der eine Ehegatte den anderen Ehegatten zum Alleinerben ein, weil auch dieser umgekehrt jenen Ehegatten zum Alleinerben einsetzt. Das ist Wechselbezug. Ich setze dich ein, weil Du mich einsetzt. Juristen sprechen davon, dass die beiden gegenseitigen Erbeinsetzungen mit einander stehen und fallen sollen. Auch die Erbeinsetzung der gemeinsamen Kinder als Schlusserben ist regelmäßig wechselbezüglich.
Weil diese Verfügungen miteinander (im Wechselbezug) stehen und fallen, hat der Widerruf einer Verfügung die Unwirksamkeit der wechselbezüglichen Verfügung zur Folge. Deshalb muss zu Lebzeiten der beiden Ehegatten der Widerruf einer eigenen Verfügung (z.B. die Erbeinsetzung des anderen Ehegatten) immer offen erfolgen und nicht insgeheim durch Errichtung eines geheimen Testaments. Sonst wüsste der andere Ehegatte ja gar nichts davon, dass seine eigene Verfügung wegen des Wechselbezugs ebenfalls weggefallen ist.
Daher kann zu Lebzeiten beider Ehegatten jeder Ehegatte seine wechselbezüglichen Verfügungen nur in Form einer gerichtlich oder notariell beurkundeten Erklärung gegenüber dem anderen Ehegatten widerrufen. Da dieser Widerruf eine letztwillige Verfügung ist muss er höchstpersönlich vorgenommen werden.
Nach dem Tode eines Ehegatten sind wechselbezügliche Verfügungen überhaupt nicht mehr widerruflich. Jedes Jahr kommen viele Witwen zu uns, die nicht glauben wollen, dass sie die Schlusserbeneinsetzung der Kinder (auch der bösen) nicht mehr widerrufen können. Sie sitzen in der sog. Bindungsfalle des Berliner Testaments. Der überlebende Ehegatte kann Testierfreiheit nur dadurch gewinnen, dass er das ihm im Ehegatten-Testament Zugewendet ausschlägt.
Ein solcher Widerruf zu Lebzeiten wird normalerweise vor einem Notar erklärt und dann durch den Gerichtsvollzieher an den anderen Ehegatten zugestellt, damit man den Zugang der Widerrufserklärung nachweisen kann.
Der Geschäftswert für die Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO, die dem Notar für die auftragsgemäße Bewirkung der Zustellung des Widerrufs der in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament getroffenen Verfügung erwächst, ist nach § 30 Abs. 1 KostO zu berechnen (nicht nach § 46 KostO). Die Bestimmung mit 20 Prozent des Wertes für die Beurkundung des Testamentswiderrufs ist dabei regelmäßig ermessensfehlerfrei (OLG Hamm vom 26.02.2009 – 15 Wx 258/08; siehe ZEV 2009, 573).