Grunderwerbsteuer bei Pflichtteilserfüllung? Erklärt von Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Grunderwerbsteuer bei Pflichtteilserfüllung?
Frage:
Ich habe gegen die Erben einen Pflichtteilsanspruch als Sohne des Erblassers von 800.000 Euro. Mir ist klar, dass ich dafür Erbschaftsteuer zahlen muss. Aber muss ich auch Grunderwerbsteuer zahlen, weil mich die Erben durch ein Haus im Wert von 800.000 Euro abgefunden haben, das aus der Erbschaft stammt?
Antwort:
Ja, leider. Sie haben bei der Abwicklung einen Fehler gemacht. Sie hätten die Grunderwerbsteuer vermeiden können (siehe unten Tipp).
Zunächst zur Erbschaftsteuer:
Durch die Geltendmachung des Pflichtteils ist die Erbschaftsteuer entstanden. Ihr Anspruch beträgt 800.000 Euro. Dass der Pflichtteil nicht durch Zahlung, sondern durch Übertragung einer Immobilie erfüllt wird, die vielleicht erbschaftsteuerliche günstiger bewertet wird als mit 800.000 Euro (z.B. Bewertungsabschlag für eine Mietimmobilie) spielt für die Erbschaftsteuer keine Rolle. Sie zahlen also Erbschaftsteuer für die vollen 800.000 Euro. Als Sohn haben Sie einen Freibetrag von 400.000 Euro, so dass die verbleibenden 400.000 Euro als steuerpflichtiger Erwerb mit 15 % zu versteuern sind. Sie zahlen folglich eine Erbschaftsteuer in Höhe von 60.000 Euro.
Nun zur Grunderwerbsteuer:
Der Pflichtteilsanspruch als Erwerb von Todes wegen ist auf Geld gerichtet. Der Erwerb von Todes wegen ist gem. § 3 Nr. 2 Grunderwerbsteuergesetz von der Grunderwerbsteuer befreit. Bei der Zahlung von 800.000 Euro in Geld hätten Sie natürlich keine Grunderwerbsteuer gezahlt. Erwerb von Todes wegen ist aber nur der Pflichtteilanspruch als solcher, der eben auf Geld und nicht auf die Übertragung eines Grundstücks gerichtet ist. Sie haben mit den Erben vielmehr einen Vertrag geschlossen, wonach diese ihre Pflichtteilsschuld durch die Grundstücksübertragung erfüllen. Das ist aber kein Erwerb von Todes wegen im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes, sondern ein entgeltliches Rechtsgeschäft. Es liegt ein grunderwerbsteuerpflichtiger Erwerbsvorgang vor. Sie müssen also für 800.000 Euro die Grunderwerbsteuer zahlen. Das wären z.B. in Baden-Württemberg 5 % also 40.000 Euro Grunderwerbsteuer.
Unser Tipp zur Ersparnis von 40.000 Euro Grunderwerbsteuer
Sie hätten die 40.000 Euro Grunderwerbsteuer einfach vermeiden können. Hätten Sie in der Vereinbarung mit den offensichtlich vergleichsbereiten Erben auf den Pflichtteil verzichtet und sich für diesen Verzicht das Grundstück als Abfindung übertragen lassen, wäre die Übertragung des Grundstücks so behandelt worden, als käme sie vom Erblasser (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG). Dann hätte ein grunderwerbsfreier Erwerb von Todes wegen vorgelegen und Sie hätten nur die Erbschaftsteuer nicht aber auch noch Grunderwerbsteuer zahlen müssen.