Wie wirkt sich der Pflichtteilanspruch steuerlich aus? Erklärt von Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Wie wirkt sich der Pflichtteilanspruch steuerlich aus?
Der Pflichtteilsanspruch ist ein Geldanspruch, der mit dem Tode des Erblassers entsteht, wenn der Erblasser einen Pflichtteilsberechtigten (i.d.R. Kinder und Ehegatte, evtl. Elternteil) im Testament gar nichts oder wertmäßig weniger als seinen Pflichtteil zugewendet hat. Der Pflichtteil ist der Wert, der der Hälfte des gesetzlichen Erbteils entspricht. Bei einem überlebenden Ehegatten und zwei Kindern beträgt der Pflichtteil der zwei Kinder in der Regel 1/8 des Nachlasswertes des Erstversterbenden. Stirbt in der gleichen Konstellation der überlebende Elternteil beträgt der Pflichtteil der beiden Kinder jeweils 1/4 des Nachlasswertes.
Der Pflichtteilsanspruch unterliegt als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer. Die Erbschaftsteuer fällt schon bzw. erst mit der Geltendmachung, also mit dem Verlangen des Pflichtteils an.
Der Wert des Pflichtteilsanspruchs richtet sich auch für Zwecke der Erbschafsteuer nach den zivilrechtlichen Vorschriften und nicht nach steuerlichen Bewertungsvorschriften. Der Erbschaftsteuer unterliegt also der Geldanspruch nach zivilrechtlichen Vorschriften (Pflichtteilsquote aus dem wirklichen Wert, dem Verkehrswert der Erbschaft) und nicht die Pflichtteilsquote nach steuerlich eventuell niedrigeren Grundbesitzwerten. Das gilt auch dann, wenn der Pflichtteil durch Übertragung eines Nachlassgrundstücks an Erfüllungs Statt erfüllt wird. Die geltend gemachte Pflichtteilsverbindlichkeit ist auch dann mit dem Nennwert anzusetzen, wenn sie durch Übertragung eines Nachlassgrundstücks an Erfüllungs Statt erfüllt wird (BFH, Urteil vom 7. 10. 1998 – II R 52/96 ).
Wird zur Erfüllung eines Pflichtteilsanspruchs ein Grundstück an Erfüllungs Statt hingegeben, ist zu beachten, dass grundsätzlich Grunderwerbsteuer anfällt. Das gilt nur nicht, falls auf Erbenseite ein Elternteil des Pflichtteilsberechtigten steht. Sind die Geschwister als Erben die Erfüllenden, entsteht Grunderwerbsteuer (in BaWü in Höhe von 5 % des Werts der Gegenleistung für das Grundstück).
Gestaltungstipp:
Der Pflichtteilsberechtigte hätte hier auf den Pflichtteilsanspruch verzichten und sich das Grundstück als Abfindung übertragen lassen sollen. Dann wäre die Abfindung nach § 3 Absatz 2 Nr. 4 ErbStG erbschaftsteuerpflichtig und der Grundstückserwerb nach § 3 Nr. 2 GrEStG grunderwerbsteuerfrei gewesen.
§ 3 ErbStG (Erwerb von Todes wegen)
…
(2) Als vom Erblasser zugewendet gilt auch
…
4. was als Abfindung für einen Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch … gewährt wird.§ 3 GrEStG (Allgemeine Ausnahmen von der Besteuerung)
Von der Besteuerung sind ausgenommen:
…
2.der Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes. …
Gut zu wissen
Die Erbschaftsteuerschuld entsteht beim Pflichtteilsanspruch (erst) mit der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruch.