Eigentumswohnung und Testamentsvollstrecker. Erklärt von Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Hausgeldschulden für Eigentumswohnung gegen Testamentsvollstrecker geltend machen
Frage:
Wir sind eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Einer der Wohnungseigentümer hat sein Hausgeld nicht gezahlt. Wir haben ihn verklagte und aus dem Urteil gegen ihn vollstreckt, konnten aber kein Geld beitreiben. Der Schuldner hatte seine Großmutter beerbt. Diese hatte den Schuldner zum Erben eingesetzt und gleichzeitig Testamentsvollstreckung angeordnet. Der Testamentsvollstrecker hatte dem Schuldner die Eigentumswohnung bei uns gekauft und es war ein Testamentsvollstreckervermerk eingetragen. Deswegen konnte auch nicht in die Eigentumswohnung vollstreckt werden. Können wir jetzt den Testamentsvollstrecker wegen des Hausgelds verklagen, dass er die Zwangsvollstreckung in den Nachlass duldet?
Antwort:
Ja, der Testamentsvollstrecker kann auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den Nachlass verklagt werden. Die Hausgeldforderungen sind Nachlassschulden, die sowohl gegen den Erben als auch gegen den Testamentsvollstrecker geltend gemacht werden können. Dies folgt aus § 2213 BGB:
§ 2213 BGB Gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Nachlass
(1) Ein Anspruch, der sich gegen den Nachlass richtet, kann sowohl gegen den Erben als gegen den Testamentsvollstrecker gerichtlich geltend gemacht werden. Steht dem Testamentsvollstrecker nicht die Verwaltung des Nachlasses zu, so ist die Geltendmachung nur gegen den Erben zulässig. Ein Pflichtteilsanspruch kann, auch wenn dem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des Nachlasses zusteht, nur gegen den Erben geltend gemacht werden. (2) Die Vorschrift des § 1958 findet auf den Testamentsvollstrecker keine Anwendung. (3) Ein Nachlassgläubiger, der seinen Anspruch gegen den Erben geltend macht, kann den Anspruch auch gegen den Testamentsvollstrecker dahin geltend machen, dass dieser die Zwangsvollstreckung in die seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstände dulde.
Dies setzt voraus, dass die Wohnung zum Nachlass gehört und der Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker unterliegt (vgl. § 2213 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ferner müssen die Hausgeldschulden Nachlassverbindlichkeiten i. S. von § 1967 Abs. 2 BGB sein . Diese Voraussetzungen sind gegeben.
Eine reine Eigenschuld des Erben scheidet jedenfalls dann aus, wenn – wie hier – eine Dauervollstreckung angeordnet ist und die Wohnung vom Testamentsvollstrecker verwaltet wird. Geht der Testamentsvollstrecker im Rahmen der Verwaltung Verbindlichkeiten ein, entstehen nach allgemeiner Meinung notwendig Nachlassverbindlichkeiten. Weil der Testamentsvollstrecker verwaltungsbefugt ist, hat nach allgemeiner Ansicht er und nicht der Erbe das Stimmrecht auszuüben. Unabhängig davon, ob er von seinem Stimmrecht Gebrauch macht, sind die beschlossenen Hausgeldforderungen insgesamt Folge seiner Verwaltung und damit Nachlasserbenschulden.
Tipp:
Lesen Sie BGH vom 4. 11. 2011, V ZR 82/11