Vorerbschaft und Vorausvermächtnis

Vorerbschaft und Vorausvermächtnis

Beliebtes Modell

Es ist ein beliebtes Modell. Der Erblasser möchte, dass sein Ehegatte als sein Nachfolger über das hinterlassene Geldvermögen frei verfügen kann. Die im Nachlass befindlichen Immobilien soll der Ehegatte ebenfalls erhalten, sie sollen aber nach dem Tod des überlebenden Ehegatten auf die Kinder des Erblassers übergehen. In solchen Fällen verfügt man im Testament Vor- und Nacherbschaft und setzt zusätzlich ein Vorausvermächtnis für das Geldvermögen aus.

Einen solchen Fall hatte das Oberlandesgericht Karlsruhe zu entscheiden. Die Eheleute setzten sich gegenseitig zu Vorerben ein. Der Ehemann setzte zusätzlich seine Nichten und Neffen zu Nacherben ein.  Der Ehemann sollte also zweimal beerbt werden. Zuerst von seiner Frau, dann von den Nichten und Neffen. Zusätzlich ordnete der Ehemann im Testament durch Vermächtnis an, dass die Ehefrau das von ihm stammende  Geldvermögen für sich verbrauchen dürfe.  Soweit sie dies tue, sei sie von § 2134 BGB befreit.

Das Testament

Gegenseitige Erbeinsetzung

Wir setzen uns gegenseitig zu alleinigen Erben ein. Der Längerlebende von uns ist jedoch nur Vorerbe des Erstversterbenden.

Der Nacherbfall tritt ein mit dem Tod des Vorerben.

Nacherben nach dem Ehemann sind die Nichten und Neffen des Ehemannes. Nacherbin nach der Ehefrau ist die Nichte der Ehefrau.

Soweit der Längerlebende im Nachlass vorhandenes Geld- und Sparvermögen des Erstversterbenden für sich verbraucht, ist ihm dies vermächtnisweise unter Befreiung von § 2134 BGB zugewandt.

§ 2134 BGB Eigennützige Verwendung
Hat der Vorerbe einen Erbschaftsgegenstand für sich verwendet, so ist er nach dem Eintritt der Nacherbfolge dem Nacherben gegenüber zum Ersatz des Wertes verpflichtet. 2Eine weitergehende Haftung wegen Verschuldens bleibt unberührt.

Die Klage

Die Ehefrau beerbte als Vorerbin ihren Mann. Nach dem Tod der Ehefrau forderten die Nichten und Neffen als Nacherben Auskunft darüber, was die Ehefrau mit den Geldmitteln des Mannes zwischen dessen Ableben und ihrem eigenen Tod gemacht habe. Die Ehefrau hatte ihre Nichte zur Erbin ihres Vermögens eingesetzt. Die Nacherben des Mannes verklagten jetzt die Erbin der Frau wegen der Auskunft über das Geldvermögen des Ehemannes.

Das Urteil

Das Oberlandesgericht sah das der Ehefrau zugewandte Geld- und Sparvermögen als Vorausvermächtnis an. Als Vorausvermächtnis bezeichnet man ein Vermächtnis, das einem Erben zugewandt ist. Es ist vor der Erbteilung unter mehreren Erben zu erfüllen, also „im voraus“.  Das von der Ehefrau nicht verbrauchte Geldvermögen des Ehemannes gehört nach dem OLG weiterhin zur Vorerbmasse. Über die noch vorhandenen Geldmittel hatte die Erbin der Ehefrau also Auskunft zu geben. Nicht aber über die verbrauchten Gelder.

Die Ehefrau durfte nach ihrem Belieben diese Geldbeträge für sich verbrauchen. Daher war sie auch nicht zu einer Verwaltung dieses Geldvermögens im Interesse der Nacherben verpflichtet. Folglich haben die Erben auch keinen Anspruch darüber welche Gelder wofür verbracht wurden. Die Eheleute wollten gerade keine Auskunftsverpflichtungen.

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