Minderjährige sind in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkt. So steht es im Gesetz. Warum das so ist liegt auf der Hand. Minderjährig ist, das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Jetzt könnte man sagen, bis 18 sollen Minderjährige überhaupt keine Geschäfte abschließen können. Das sollen ihre gesetzlichen Vertreter, die Eltern machen. Das Gesetz hat sich aber für einen anderen Weg entschieden. Ab dem vollendeten siebten Lebensjahr sollen Kinder bereits am Geschäftsleben teilnehmen können, aber eben – zu Ihrem Schutz – nur in beschränktem Maße. Das ist die beschränkte Geschäftsfähigkeit. Das Gesetz regelt die beschränkte Geschäftsfähigkeit Minderjähriger in § 106 BGB.
§ 106 BGB Beschränkte Geschäftsfähigkeit Minderjähriger
§ 106 des Bürgerlichen Gesetzbuches
Ein Minderjähriger, der das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist nach Maßgabe der §§ 107 bis 113 in der Geschäftsfähigkeit beschränkt.
Das Gesetz eröffnet also Minderjährige die Möglichkeit zu selbständigen Teilnahme am Rechtsverkehr- Allerdings ist diese Möglichkeit eingeschränkt.
Schutz Minderjähriger
Das Gesetz will mit dieser nur beschränkten Geschäftsfähigkeit den Minderjährigen schützen. Wegen seines kindlichen Alters und seiner geschäftlichen Unerfahrenheit ist er oft noch nicht in der Lage die Tragweite von Geschäften, die er gerne abschließen möchte, zu überschauen.
Eigenes Handeln des Minderjährigen
Schutzbedürftig ist der Minderjährige nur bei Geschäften, bei denen er für sich selber handelt. Handel er für andere, z.B. die Eltern als deren Stellvertreter ist sein Handeln in aller Regel ohne Einschränkung wirksam.
Welche Folgen hat die Beschränkte Geschäftsfähigkeit Minderjähriger?
Das Gesetz verweist in § 106 BGB wegen der Rechtsfolgen für das Handeln eines Minderjährigen (7 bis 18 Jahre) auf die §§ 107 bis 113 BGB.
Einwilligung des gesetzlichen Vertreters
§ 107 BGB Einwilligung des gesetzlichen Vertreters
§ 107 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.
Wenn eine Geschäft irgendeinen rechtlichen Nachteil mit sich bringt, kann es der Minderjährige nicht wirksam ohne Einwilligung seiner Eltern abschließen. Auf der anderen Seite ergibt sich aus § 107 BGB aber auch, dass der Minderjährige Geschäfte, die keinerlei rechtliche Nachteile mit sich bringen, selber abschließen kann. Die Vorschrift dient dem Schutz des Minderjährigen vor jedem irgendwie rechtlich nachteiligen Geschäft. Bei solchen Geschäften sollen die Eltern als gesetzliche Vertreter mitreden.
Was bedeutet das?
Was sich so einfach anhört, ist in der Praxis oft ganz schön schwierig. Geschäfte, die wirtschaftlich eindeutig von Vorteil für den Minderjährigen sind, können ohne Einwilligung der Eltern scheitern, weil sie eben irgendwelche – oft übersehenen – rechtlichen Nachteile im Schlepptau haben. Hier geht die Personensorge der Eltern für den Minderjährigen dem Selbstbestimmungsrecht des Minderjährige vor. Warum ist klar. Der Minderjährige muss vor sich selber geschützt werden.
Rechtlich nachteilige Geschäfte
Wie wir bereits gesehen haben, kann der Minderjährige selber Geschäfte abschließen, durch die er ausschließlich einen rechtlichen Vorteil erlangt. So viele sind das aber möglicherweise gar nicht. Ist es nicht so, dass ich bereits beim Abschluss des Kaufvertrags über eine Cola den Kaufpreis zahlen muss, was ja ein rechtlicher Nachteil sein dürfte?
Wie schon erwähnt, kommt es nicht darauf an, ob da Geschäft für den Minderjährigen wirtschaftlich günstig ist.
Ein rechtlicher Nachteil liegt schon dann vor, wenn für den Minderjährigen aus dem Geschäft, das er abschließen will, irgendeine Verpflichtung entsteht.
Rechtlich nachteilig sind somit
- alle gegenseitigen Verträge (Kauf, Miete, Mitgliedschaft), weil sie den Minderjährigen auch verpflichten
- Verträge, bei denen zwar nur eine Partei leisten muss, bei denen aber auch den Minderjährigen Erhaltungs-, Rückgabe- und Ersatzpflichten treffen (z.B. Leihe, Auftrag, unverzinsliches Darlehen)
- die Erfüllung einer Schuld, weil der Minderjährige damit das Geld verliert, das er bezahlt
- der Erwerb eines Nießbrauchs oder Erbbaurechts, weil dieser auch Pflichten mit sich bringen.
- Erwerb eines Grundstücks, das mit einer Reallast belastet ist
- Schenkungsererb eines Hauses, das vermietet ist.
- Ablehnung eines Angebots
- Anfechtung
- Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft
- Annahme einer Schenkung unter Auflage oder Rückgabeverpflichtung
- Annahme der Schenkung einer Eigentumswohnung
- Aufrechnungserklärung
- Bürgschaftserklärung
- Erwerb eines Gesellschaftsanteils
- Gratisverträge, deren rechtliche Nachteile (Gebühren) erst nach Eintritt der Volljährigkeit entstehen
- Kündigung eines Vertrags (ausgenommen die Kündigung eines zinslos gewährten Darlehens)
- Nutzung sozialer Netze im Internet gegen Überlassung personenbezogener Daten
- Rücktritt
- Vereinsgründung oder Vereinsbeitritt
- Vermögensübernahme
- Verzicht
- Erlassvertrag
Haben Sie es gemerkt? Es bleibt kaum noch was übrig an ausschließlich rechtlich vorteilhaften Geschäften für den Minderjährigen. Heißt das, dass ich meinem Kind nicht einmal ein Haus schenken kann, weil es dann Grundsteuer zahlen muss? Ganz so schlimm ist es nicht. Es gibt sie die
Rechtlich vorteilhaften Geschäfte
Der Minderjährige kann Geschäfte nur dann ohne Einwilligung der Eltern abschließen, wenn sie ihm ausschließlich rechtliche Vorteile bringen. Seine Rechtsstellung darf in keinem Punkt verschlechtert, sondern nur verbessert werden. Solche Geschäfte gibt es schon, nämlich bloße Übereignung einer Sache oder die bloße Abtretung einer Forderung.
Immerhin wurde erst 2005 durch den Bundesgerichtshof geklärt, dass eine Hausüberschreibung an das minderjährige Kind trotz Nießbrauchsvorbehalts für die Mutter, Grundschuld und Grundsteuerlast lediglich rechtlich vorteilhaft ist.
1. Ist die dingliche Übertragung eines Grundstücks an einen Minderjährigen bei isolierter Betrachtung lediglich rechtlich vorteilhaft, bedarf seine Auflassungserklärung auch dann nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters oder eines Ergänzungspflegers, wenn die zu Grunde liegende schuldrechtliche Vereinbarung mit rechtlichen Nachteilen verbunden ist. Eine Gesamtbetrachtung des schuldrechtlichen und des dinglichen Rechtsgeschäfts ist in diesem Fall nicht veranlasst.
2. Die Übereignung eines Grundstücks an einen Minderjährigen ist auch dann lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn es mit einer Grundschuld belastet ist. Für die Belastung mit einem Nießbrauch gilt dies jedenfalls dann, wenn der Nießbraucher auch die Kosten außergewöhnlicher Ausbesserungen und Erneuerungen sowie die außergewöhnlichen Grundstückslasten zu tragen hat.
3. Die aus der Eigentumsübertragung folgende Haftung des Erwerbers für die gewöhnlichen öffentlichen Lasten des Grundstücks begründet keinen Rechtsnachteil i.S. des § 107 BGB.
BGH, Beschluss vom 25. 11. 2004 – V ZB 13/04 (BayObLG)
Ist das geschenkte Haus mit einem Wohnungsrecht belastet, liegt auch kein rechtlicher Nachteil vor.
Zur Schenkung eines Grundstücks an einen beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen unter Vorbehalt eines dinglich zu sichernden Wohnungsrechts für den Schenker bedarf es nicht der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters des Minderjährigen oder eines zu bestellenden Pflegers.
BayObLG (2. ZS), Beschluss vom 14. 6. 1967 – BReg. 2 Z 26/67
In diesen Fällen liegt kein rechtlicher Nachteil für den Minderjährigen vor, sondern nur eine Einschränkung des erworbenen Vorteils.
Lediglich rechtlich vorteilhaft ist ein Geschäft auch dann, wenn in seiner Folge zwar Rechtspflichten entstehen, aber der Minderjährige dafür nur mit der erworbenen Sache und nicht auch persönlich haftet. Das ist beim Erwerb einer Eigentumswohnung aber nicht der Fall.
Einwilligung des gesetzlichen Vertreters
Nach dem Gesetz kann der beschränkt geschäftsfähige Minderjährige (also ab dem 7. Lebensjahr) Verträge mit Zustimmung seiner Eltern auch dann abschließen, wenn der Vertrag nicht lediglich rechtlich vorteilhaft für ihn ist. Liegt diese Zustimmung der Eltern von vornherein vor, nennt man sie Einwilligung. Wird die Zustimmung nach dem Vertragsschluss erteilt, spricht man von einer Genehmigung des Vertrags durch die Eltern.
§ 107 BGB Einwilligung des gesetzlichen Vertreters
§ 107 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs
Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.
Das Gesetz will also Geschäft die der Minderjährige geschlossen hat und die für ihn nachteilig sind unwirksam machen. Dies soll den geschäftlich noch unerfahrenen Minderjährigen vor Nachteilen und Schaden schützen. Ein rechtsnachteiliges Geschäft, das der Minderjährige ohne Einwilligung seiner Eltern abschließt ist aber nicht gleich unwirksam. Es bleibt zunächst in der Schwebe und ist „schwebend unwirksam“. Wird die Genehmigung durch die Eltern erklärt wird es wirksam, wir die Genehmigung durch die Eltern verweigert ist es endgültig unwirksam.
Der beschränkt geschäftsfähige Minderjährige (7 bis 18 Jahre) bewegt sich zwischen dem geschäftsunfähigen Minderjährigen (0 bis 7 Jahre) und dem Volljährigen. Während die Geschäfte, die der geschäftsunfähige Minderjährige abschließt von vornherein unwirksam sind und die Geschäfte, die ein Erwachsener abschließt in der Regel wirksam sind, nimmt der beschränkt geschäftsfähige Minderjährige eine Zwischenstellung ein. Seine Geschäfte sind nicht von vornherein unwirksam, sondern können bei Zustimmung der Eltern wirksam sein bzw. werden. All das dient dem Schutz des noch Minderjährigen. Der Minderjährigenschutz hat im BGB einen hohen Stellenwert. Sogar wenn sein Geschäftspartner den Minderjährigen für volljährig hält und auf das Geschäft vertraut, ist es ohne Zustimmung der Eltern unwirksam. Minderjährige werden eben grundsätzlich durch ihre Eltern vertreten.
Schenkungen
Schenkungen an einen Minderjährigen sind normerweise ohne Zustimmung der Eltern wirksam. Wenn der Großvater dem minderjährigen Enkel 100 Euro schenkt, entstehen dadurch für den Minderjährigen keine rechtlichen Nachteile.
Das ist schon anders, wenn die Schenkung unter einer Auflage erfolgt. Hier ist die Zustimmung der Eltern zur Annahme der Schenkung erforderlich.
Das Gleich gilt, wenn sich der Schenker das Recht vorbehält von der Schenkung zurückzutreten oder sich ein Rückforderungsrecht vorbehält. Auch hier ist die Zustimmung der Eltern zur Annahme der Schenkung erforderlich.
Problematisch wird es, wenn Eltern als gesetzliche Vertreter des minderjährigen Kindes diesem etwas schenken wollen. Die Eltern schenken einerseits und erteilen andererseits die Zustimmung. Damit wären alle Schenkungen der Eltern an die minderjährigen Kinder wirksam. Kann das aber auch sein, wenn die Eltern dem Minderjährigen zum Beispiel eine überschuldete Firma schenken wollen?
Die Eltern machen ja letztlich ein Geschäft mit sich selber. Sie treten auf der einen Seite für den Minderjährigen als dessen Vertreter auf und auf der anderen Seite handeln sie für sich selber. Diese Konstellation nennt man Insichgeschäft. Es gibt sie auch in anderen Bereichen. So wenn ein Betreuer für den Betreuten und sich selber bei einem Geschäft handelt, wenn er das Auto des dementen Betreuten an sich verkauft. Auch ein Testamentsvollstrecker, der den Nachlass in Besitz hat und über diesen verfügen kann, nimmt ein Insichgeschäft vor, wenn er zum Beispiel die im Nachlass befindlichen Goldmünzen an sich verkauft.
Insichgeschäfte werden vom Gesetz sehr kritisch gesehen.
§ 181 BGB Insichgeschäft
Bürgerliches Gesetzbuch
Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
Eltern dürfen als bei einem Geschäft mit dem Minderjährigen diesen nicht vertreten und auch nicht die Zustimmung zu solch einem Geschäft erteilen. Dann könnten gutwillige Eltern dem Minderjährigen aber zum Beispiel kein Haus schenken, obwohl sie nur beste Absichten haben. Auch hier hilft das Gesetz, wenn auch mit einer langen und unübersichtlichen Paragraphenkette.
§ 1629 BGB Vertretung des Kindes
(1) …
(2) Der Vater und die Mutter können das Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1795 ein Vormund von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen ist. …
§ 1795 BGB Ausschluss der Vertretungsmacht
(1) Der Vormund kann das Mündel nicht vertreten … (Aufzählung von Fällen) ….
(2) Die Vorschrift des § 181 bleibt unberührt.
§ 1909 BGB Ergänzungspflegschaft
(1) Wer unter elterlicher Sorge oder unter Vormundschaft steht, erhält für Angelegenheiten, an deren Besorgung die Eltern oder der Vormund verhindert sind, einen Pfleger. …
Es muss also ein Ergänzungspfleger bestellt werden.
Erbrecht
Wie ist es im Erbrecht? Bringt die Annahme einer Erbschaft lediglich rechtliche Vorteile? Nein; denn der Erbe haftet nach dem Gesetz für Nachlassverbindlichkeiten, was ein rechtlicher Nachteil ist. Auch verliert der Erbe mit der Annahme der Erbschaft das Recht, die Erbschaft auszuschlagen, was einen weiteren rechtlichen Nachteil darstellt. Die Annahme der Erbschaft bedarf also der Einwilligung der Eltern. Zu beachten ist allerdings, dass dem Minderjährigen auch ohne ausdrücklich erklärte Annahme, die Erbschaft automatisch mit Ablauf der sechswöchigen Ausschlagungsfrist anfällt.
Die Ausschlagung der Erbschaft ist nicht nur zustimmungsbedürftig, sondern bedarf auch noch der Genehmigung des Familiengerichts.