Altes Testament aus erster Ehe: Wo anfechten? Erklärt von Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht

Altes Testament aus erster Ehe: Wo anfechten?

Frage:

Mein verstorbener Mann und ich sind beide geschieden. Wir haben beide Kinder aus der ersten, geschiedenen Ehe. Jetzt ist mein zweiter Mann gestorben. Ich dachte erst es sei kein Testament da. Dann hätte ich ja die Hälfte neben seinen Kindern aus erster Ehe geerbt. Jetzt ist ein altes Testament mit seiner ersten geschiedenen Frau aufgetaucht, in dem er seine Kinder aus erster Ehe zu seinen Erben eingesetzt hat. Das hat er mit seiner Frau geschrieben als die noch verheiratet waren. Gilt das noch?

Antwort:

Da er seine Kinder zu Erben eingesetzt hat, spricht viel dafür, dass das Testament – trotz Scheidung – noch gelten könnte. Sie können aber das Testament innerhalb einen Jahres anfechten, seitdem Sie Kenntnis vom jetzt aufgetauchten Testament haben. Zuständig für die Anfechtung ist das Nachlassgericht, also das zuständige Amtsgericht. Das ist alles in den folgenden Paragraphen geregelt.

Anfechtung

§ 2079 BGB Anfechtung wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten
Eine letztwillige Verfügung kann angefochten werden, wenn der Erblasser einen zur Zeit des Erbfalls vorhandenen Pflichtteilsberechtigten (nämlich den späteren Ehegatten) übergangen hat, dessen Vorhandensein ihm bei der Errichtung der Verfügung nicht bekannt war oder der erst nach der Errichtung geboren oder pflichtteilsberechtigt geworden ist. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, soweit anzunehmen ist, dass der Erblasser auch bei Kenntnis der Sachlage die Verfügung getroffen haben würde.

§ 2080 BGB Anfechtungsberechtigte
(1) Zur Anfechtung ist derjenige berechtigt, welchem die Aufhebung der letztwilligen Verfügung unmittelbar zustatten kommen würde (also gerade auch der spätere Ehegatte, weil er dann je Miterbe und nicht enterbt wäre).
(2) Bezieht sich in den Fällen des § 2078 der Irrtum nur auf eine bestimmte Person und ist diese anfechtungsberechtigt oder würde sie anfechtungsberechtigt sein, wenn sie zur Zeit des Erbfalls gelebt hätte, so ist ein anderer zur Anfechtung nicht berechtigt.
(3) Im Falle des § 2079 steht das Anfechtungsrecht nur dem Pflichtteilsberechtigten zu.

§ 2081 BGB Anfechtungserklärung
(1) Die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung, durch die ein Erbe eingesetzt (nämlich die Kinder aus erster Ehe), ein gesetzlicher Erbe von der Erbfolge ausgeschlossen, ein Testamentsvollstrecker ernannt oder eine Verfügung solcher Art aufgehoben wird, erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht (das ist eine Abteilung des zuständigen Amtsgerichts).
(2) Das Nachlassgericht soll die Anfechtungserklärung demjenigen mitteilen, welchem die angefochtene Verfügung unmittelbar zustatten kommt. Es hat die Einsicht der Erklärung jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.
(3) Die Vorschrift des Absatzes 1 gilt auch für die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung, durch die ein Recht für einen anderen nicht begründet wird, insbesondere für die Anfechtung einer Auflage.

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