Was man vom Erbrecht wissen muss – 13 Fragen und Antworten. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby
Was man vom Erbrecht wissen muss – 13 Fragen und Antworten
1. Wann ist ein Testament gültig?
Nur wenn es handschriftlich geschrieben wurde. Das Testament muss von eigener Hand mit Kugelschreiber, Füller oder Bleistift geschrieben und unterschrieben sein. Ein Schreibmaschinentestament oder PC-Testament reicht nicht. Daneben gibt es noch das notarielle Testament.
2. Kann ein Pflichtteilsanspruch verjähren?
Ja, der Pflichtteilsanspruch verjährt wie jeder andere Anspruch auch. Er verjährt in 3 Jahren. Die Verjährung beginnt zum Silvester des Jahres, in dem der Erblasser gestorben ist und der enterbte Pflichtteilsberechtigte von dessen Tod und vom Testament Kenntnis erlangt. Stirbt der Erblasser z.B. am 29.07.2013 beginnt die Verjährung zum 01.01.2014 und endet zum 31.12.2016.
3. Sind Geschwister pflichtteilsberechtigt?
Nein, pflichtteilsberechtigt sind nur die Kinder, Enkelkinder oder Urenkel des Erblassers, sein Ehegatte und die Eltern. Letztere aber nur falls keine Kinder vorhanden sind. Die Geschwister sind nicht pflichtteilsberechtigt. Sie können aber gesetzlich erbberechtigt sein, wenn kein Testament vorhanden ist. Will man nicht, dass Geschwister etwas erben, muss man ein Testament errichten, in dem man andere Personen einsetzt. Die Geschwister bekommen dann nichts, weil sie nicht pflichtteilsberechtigt sind.
4. Erbt mein Lebensgefährte?
Ohne Testament erbt der Lebensgefährte nichts. Lebensgefährten haben kein gesetzliches Erbrecht. Lebensgefährten können also nur erben, wenn sie in einem Testament bedacht werden, entweder als Erbe oder als Vermächtnisnehmer.
5. Werden Pflegeleistungen beim Erben berücksichtigt?
Pflegeleistungen können nur dann beim Erben berücksichtigt werden, wenn es sich um Pflegeleistungen von Abkömmlingen handelt, also von Kindern, Enkeln usw. Sonst werden sie nicht berücksichtigt. Darüber hinaus müssen diese Kinder entweder nach dem Gesetz oder aufgrund Testaments zu gleichen Teilen erben werden. Nach dem Gesetz ist dies immer der Fall, beim Testament müssen die Kinder unter denen die Pflegeleistung berücksichtigt wird, auf gleiche Erbteile eingesetzt sein. Sonst geht man davon aus, dass der Erblasser, der ungleiche Erbteile ausgesetzt hat, keine Berücksichtigung der Pflegeleistungen wollte.
6. Kann ich eine Erbschaft nach ihrer Annahme wieder loswerden?
Ja, man kann eine angenommene Erbschaft wieder loswerden, indem man die Annahme der Erbschaft anficht. Wer sich z.B. bei der Annahme der Erbschaft geändert hat, kann wegen Irrtums die Erbschaft Annahme anfechten. Zum Beispiel wenn man angenommen hat, die Erbschaft sei wertvoll, während sie in Wirklichkeit überschuldet ist. Die Anfechtung der Erbschaftsannahme muss aber wieder innerhalb von 6 Wochen erfolgen, seitdem der Anfechtende den Irrtum erkannt hat, sonst ist sie verspätet.
7. Kann man Testamente anfechten?
Ja, das geht. Allerdings meinen viele mit dem Satz „Ich fechte das Testament an“ dass Sie nachweisen wollen, dass der Erblasser bei Errichtung des Testamentes testierunfähig war. Dieser Nachweis ist sehr schwer zu führen. Man benötigt hierzu ein Sachverständigengutachten eines Neurologen, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen muss, dass der Erblasser nicht mehr testierfähig war. Verbleiben Zweifel ist von der Testierfähigkeit des Erblassers auszugehen. Wenn es um die Testierfähigkeit geht, sollte man richtigerweise gar nicht von Anfechtung des Testamentes sprechen. Das Testament ist nämlich von Anfang an unwirksam, wenn der Erblasser bei der Errichtung des Testamentes nicht mehr testierfähig war. Es muss dann gar nicht angefochten werden, weil es von Anfang an unwirksam war. Von Anfechtung spricht man richtigerweise dann, wenn der Erblasser sich bei der Errichtung des Testaments geirrt hat. Hat der Erblasser z.B. angenommen, ein Miterbe sei mit einer bestimmten Person verheiratet, was gar nicht der Fall ist, und hat er nur deshalb den Miterben zum Erben eingesetzt, können andere Erben diese irrtumsbedingte Einsetzung anfechten.
8. Wer ernennt den Testamentsvollstrecker?
Das macht immer der Erblasser in seinem Testament. Dabei ist zu beachten, dass bei Eheleuten jeder Erblasser selbst den Testamentsvollstrecker für seinen Erbfall benennt. Eheleute können also nicht gemeinsam nur einen Testamentsvollstrecker benennen. Sie sterben ja auch in der Regel nicht zusammen. Aber selbst wenn sie zusammen sterben gibt es 2 Erbfälle und damit 2 Nachlässe.
9. Wie viele Deutsche haben ein Testament?
Nur knapp 20 % der Deutschen verfügen über ein Testament.
10. Wann erbt der Staat?
Dann, wenn keine Erben im Testament bestimmt wurden und auch keine gesetzlichen Erben auffindbar sind. Erbe wird dann der Fiskus, d.h. das Bundesland, in dem der Erblasser gewohnt hat als er starb.
11. Was ist ein Berliner Testament?
Ein Testament von 2 Eheleuten, die sich gegenseitig zu Erben einsetzen und bestimmen, dass nach dem Tod des längerlebenden der Eheleute eine bestimmte Person oder mehrere Personen Erben werden sollen. Dieses Testament schreibt einer der beiden Eheleute nieder, während es der andere nur unterschreibt. Da besteht aber nur bei Eheleuten, nicht bei Lebensgefährten.
12. Kann ich meinen Sohn völlig enterben, so dass er nicht mal den Pflichtteil bekommen?
Sie sprechen die so genannte Pflichtteilsentziehung an. Eine Pflichtteilsentziehung ist nur in ganz seltenen Fällen möglich, z.B. wenn Ihr Sohn Ihnen oder Ihrer Ehefrau nach dem Leben getrachtet hat. In der Praxis kommen solche Fälle sehr selten vor. Eigentlich bekommen die Kinder fast immer ihren Pflichtteil.
13. Es gilt doch nur das letzte Testament, oder?
Das kann man so eindeutig nicht sagen. Das jüngere Testament widerruft zwar das ältere Testament, aber nur in dem Umfang, in dem es mit dem älteren Testament in Widerspruch steht. Liegt kein Widerspruch zwischen den Testamenten vor, gelten die Testamente weiter. Es ist also durchaus denkbar, dass 10 Testamente nebeneinander gelten, obwohl sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten errichtet wurden. Im übrigen ist darauf zu achten, dass immer alle Testamente, die gefunden werden, beim Nachlassgericht abzuliefern sind, also nicht nur das letzte.