Auseinandersetzungsvermittlung: Ein stumpfes Schwert. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Auseinandersetzungsvermittlung: Ein stumpfes Schwert
Beim Auseinandersetzungsverfahren nach §§ 363 ff. FamFG (früher §§ 86 ff. FGG) soll der zuständige Notar (früher das Nachlassgericht) als neutraler Dritter bei der Teilung der Erbschaft vermittelnd tätig sein. Da der Notar in diesem Verfahren keine Machtbefugnisse zur Entscheidung hat, ist es in der Praxis so gut wie bedeutungslos. Bei gutem Willen aller Beteiligten kann es aber durchaus Sinn machen. Wir vertreten Sie auch bei diesen Verfahren, falls sie es anstreben. Allerdings kann es auch sein, dass ein außergerichtliches Mediationsverfahren genauso viel Sinn macht oder gar mehr, zumal die Notare in der Regel nicht darauf erpicht sind, diese zeitaufwändigen Vermittlungsverfahren durchzuführen.
1. Überblick zur Auseinandersetzungsvermittlung
Das früher von den Nachlassgerichten durchgeführte Auseinandersetzungsverfahren wird jetzt von Notaren durchgeführt ((§§ 363 ff. FamFG). Die Auseinandersetzungsvermittlung muss von einem der Miterben beantragt werden.
§ 363 FamFG Antrag
(1) Bei mehreren Erben hat der Notar auf Antrag die Auseinandersetzung des Nachlasses zwischen den Beteiligten zu vermitteln; das gilt nicht, wenn ein zur Auseinandersetzung berechtigter Testamentsvollstrecker vorhanden ist.
(2) Antragsberechtigt ist jeder Miterbe, der Erwerber eines Erbteils sowie derjenige, welchem ein Pfandrecht oder ein Nießbrauch an einem Erbteil zusteht.
(3) In dem Antrag sollen die Beteiligten und die Teilungsmasse bezeichnet werden.
Normalerweise setzen die Erben selbst den Nachlass auseinander. Wenn es hier aber zu Problemen kommt, kann beim zuständigen Notar ein Auseinandersetzungsverfahren beantragt werden. Für die Auseinandersetzung des Nachlasses ist jeder Notar zuständig, der seinen Amtssitz im Bezirk des Amtsgerichts hat, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte (§ 344 Abs. 4a FamFG). Der Notar hat dabei keine richterliche, sondern nur eine vermittelnde und beurkundende Funktion. Darin liegt auch die Schwäche dieses Verfahren, das in der Praxis keine Rolle spielt. Wenn einer der Miterben sich dem Verfahren verweigert und einen Vorschlag des Notars ablehnt, ist das Verfahren gescheitert. Bleibt der Miterbe allerdings von vornherein der Auseinandersetzungsvermittlung fern, ist also säumig und nicht zum Termin erschienen, können die anderen Miterben dennoch eine Auseinandersetzungsvereinbarung treffen. Diese hat der Notar dem säumigen Miterben mitzuteilen. Dabei wird das Einverständnis des nicht erschienenen Miterben angenommen, wenn er nicht innerhalb einer vom Notar zu bestimmenden Frist einen neuen Termin beantragt oder wenn er in dem neuen Termin nicht erscheint. Diese Vermittlung der Erbauseinandersetzung erstreckt sich auch auf die Bewirkung der Auseinandersetzung selbst.
2. Können die beteiligten Miterben gezwungen werden, im Verhandlungstermin zu erscheinen?
Nein. Erscheint einer der Beteiligten aber nicht, so werden die von den Erschienenen getroffenen Vereinbarungen vom Gericht beurkundet, die Beurkundung den nicht Erschienenen mit dem Hinweis bekannt gemacht, dass, wenn der Beteiligte nicht binnen einer bestimmten Frist einen neuen Termin beantragt, sein Einverständnis mit dem Inhalt der Urkunde angenommen wird, § 366 Abs. 3 FamFG.
§ 366 FamFG Außergerichtliche Vereinbarung
(1) Treffen die erschienenen Beteiligten vor der Auseinandersetzung eine Vereinbarung, insbesondere über die Art der Teilung, hat der Notar die Vereinbarung zu beurkunden. Das Gleiche gilt für Vorschläge eines Beteiligten, wenn nur dieser erschienen ist.
(2) Sind alle Beteiligten erschienen, hat der Notar die von ihnen getroffene Vereinbarung zu bestätigen. Dasselbe gilt, wenn die nicht erschienenen Beteiligten ihre Zustimmung zu einer gerichtlichen Niederschrift oder in einer öffentlich beglaubigten Urkunde erteilen.
(3) Ist ein Beteiligter nicht erschienen, hat der Notar, wenn der Beteiligte nicht nach Absatz 2 Satz 2 zugestimmt hat, ihm den ihn betreffenden Inhalt der Urkunde bekannt zu geben und ihn gleichzeitig zu benachrichtigen, dass er die Urkunde in den Geschäftsräumen des Notars einsehen und eine Abschrift der Urkunde fordern kann. Die Bekanntgabe muss den Hinweis enthalten, dass sein Einverständnis mit dem Inhalt der Urkunde angenommen wird, wenn er nicht innerhalb einer von dem Notar zu bestimmenden Frist die Anberaumung eines neuen Termins beantragt oder wenn er in dem neuen Termin nicht erscheint.
(4) Beantragt der Beteiligte rechtzeitig die Anberaumung eines neuen Termins und erscheint er in diesem Termin, ist die Verhandlung fortzusetzen; anderenfalls hat der Notar die Vereinbarung zu bestätigen.
3. Kann das Gericht bei Streit über einzelne Punkte eine für die Erben verbindliche Entscheidung treffen?
Nein. Bei Streit unter den Anwesenden über einzelne Punkte, der sich nicht beilegen lässt, ist das Verfahren auszusetzen, so dass es wirkungslos bleibt.
§ 370 FamFG Aussetzung bei Streit
Ergeben sich bei den Verhandlungen Streitpunkte, ist darüber eine Niederschrift aufzunehmen und das Verfahren bis zur Erledigung der Streitpunkte auszusetzen. Soweit unstreitige Punkte beurkundet werden können, hat das Gericht nach den §§ 366 und 368 Abs. 1 und 2 zu verfahren.
4. Erstreckt sich die Versäumniswirkung auch auf die Auflassung?
Die Folge des Versäumnisses erstreckt sich auch auf die Auflassung.
Bedenken, dass nach § 925 BGB die Auflassungserklärungen bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile abgegeben werden müssen, sind nicht begründet. Bestimmen nämlich die erschienen Miterben in dem Termin, in dem die Auseinandersetzung beurkundet wird, über die Bewirkung der Auseinandersetzung, so lassen sie nicht die Angebote für die dazu erforderlichen dinglichen Verträge beurkunden, um sie den nicht erschienenen Beteiligten mitteilen zu lassen, sondern sie nehmen die Verfügungen, durch welche die Auseinandersetzung geschehen soll, vorbehaltlich der Zustimmung der nicht erschienen Beteiligten selbst vor. Sie schließen die dinglichen Verträge miteinander und ggf. mit sich selbst, die nicht erschienen Beteiligten werden nicht aufgefordert, Vertragsangebote anzunehmen, sondern sie sollen ihre Zustimmung (§ 182 BGB) zu den in der beurkundeten Auseinandersetzung enthaltenen Verfügungen geben, und diese Verfügungen werden in der Auseinandersetzung bestätigt, wenn die Versäumnisfolge eintritt. Dem § 925 BGB wird schon durch die Aufnahme der Auflassung in die beurkundete Auseinandersetzung genügt, die Zustimmung der nicht erschienen Beteiligten kann nachträglich erfolgen, sie bedarf nicht der für die Auflassung bestimmten Form (§ 182 Abs. 2 BGB). Diese Zustimmung wird eben durch die Wirkung des Versäumnisverfahrens fingiert.
§ 182 BGB Zustimmung
(1) Hängt die Wirksamkeit eines Vertrags oder eines einseitigen Rechtsgeschäfts, das einem anderen gegenüber vorzunehmen ist, von der Zustimmung eines Dritten ab, so kann die Erteilung sowie die Verweigerung der Zustimmung sowohl dem einen als dem anderen Teil gegenüber erklärt werden.
(2) Die Zustimmung bedarf nicht der für das Rechtsgeschäft bestimmten Form.
(3) Wird ein einseitiges Rechtsgeschäft, dessen Wirksamkeit von der Zustimmung eines Dritten abhängt, mit Einwilligung des Dritten vorgenommen, so finden die Vorschriften des § 111 Satz 2, 3 entsprechende Anwendung.