Darf der Erblasser den Vorerben von seinen Pflichten befreien? Erklärt von Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht, Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Darf der Erblasser den Vorerben von seinen Pflichten befreien?
Inwieweit darf der Erblasser den Vorerben von Beschränkungen und Verpflichtungen befreien?
Grundsätzlich darf der Erblasser den Vorerben von den Beschränkungen und Verpflichtungen befreien, die dem Vorerben ansonsten obliegen, um dem Nacherben einen möglichst ungeschmälerten Nachlass zu bieten.
Diese Befreiung kennt aber Grenzen:
- Der Erblasser darf dem Vorerben keine unentgeltlichen Verfügungen über Erbschaftsgegenstände gestatten (§ 2113 Abs. 2 BGB)
- Er darf nicht entgegen § 2115 BGB die rechtliche Möglichkeit zur Vollstreckung und Arrestvollziehung in Erbschaftsgegenstände durch Gläubiger des Vorerben eröffnen.
- Auch kann der Erblasser nicht unterbinden, dass zur Erbschaft auch das gehört, was der Vorerbe auf Grund eines zur Erbschaft gehörenden Rechts oder als Surrogat eines Erbschaftsgegenstandes erwirbt.
- Der Vorerbe kann auch nicht von der Pflicht befreit werden, ein Verzeichnis der Nachlassgegenstände vorzulegen (§ 2121),
- die Feststellung des Zustands der Erbschaft durch Sachverständige vornehmen zu lassen (§ 2122 S. 2 BGB) und
- Schadensersatz nach Maßgabe des § 2138 Abs. 2 zu leisten.
Bestimmte Gegenstände des Nachlasses kann der Erblasser jedoch dem Vorerben im Wege eines Vorausvermächtnisses (vgl. § 2150 BGB) zuwenden, so dass diese vorbehaltlich eines abweichenden Willens des Erblassers in das freie Vermögen des Vorerben fallen und der darüber auch unentgeltlich verfügen darf.