Kleiner oder großer Pflichtteil: Enterbter Ehegatte geht nicht leer aus. Erklärt von Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Kleiner Pflichtteil des enterbten Ehegatten
Gesetzlicher Erbteil meist 1/2
Sind Ehegatten im gesetzlichen Güterstand verheiratet (kein Notarvertrag mit Gütertrennung oder Gütergemeinschaft), dann erbt der überlebende Ehegatte neben Kindern nach dem Gesetz grundsätzlich nur 1/4. Aber keine Angst. Als Ausgleich für den Zugewinnanspruch (der bei einer Scheidung zu großem Streit führt) gibt es einfach ein weiteres Viertel im Erbrecht dazu. Der überlebenden Ehegatte erbt also neben Kindern nach dem Gesetz 1/4 + 1/4 = 1/2.
Großer Pflichtteil
Der gesetzliche Erbteil ist auch für die Pflichtteilsberechnung maßgebend. Der Pflichtteil ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Demgemäß beträgt der Pflichtteil des überlebenden Ehegatten bei Zugewinngemeinschaft 1/4. Das ist der sogenannte große Pflichtteil. Diesen Pflichtteil muss der überlebende Ehegatte also als Erbteil oder Vermächtnis erhalten. Erhält er weniger, kann er den Rest als Pflichtteilsrestanspruch geltend machen, wenn er will. Der überlebende Ehegatte hat in diesem Fall aber keinen Zugewinnausgleichsanspruch.
Kleiner Pflichtteil
Es gibt Fallgestaltungen bei denen der überlebende Ehegatte aber nur einen kleinen Pflichtteil erhält. Dies ist im Gesetz wie folgt geregelt:
- Wird der überlebende Ehegatte nicht Erbe und steht ihm auch kein Vermächtnis zu, so kann er Ausgleich des Zugewinns, den er auch bei einer Scheidung bekommen hätte, und zusätzlich den kleinen Pflichtteil verlangen. Der kleine Pflichtteil des überlebenden Ehegatten errechnet sich in diesem Falle nach dem nicht um das Zugewinnviertel erhöhten gesetzlichen Erbteil des Ehegatten, also 1/2 x 1/4 = 1/8 kleiner Pflichtteil
- Schlägt der überlebende Ehegatte die gesetzliche oder testamentarische Erbschaft aus, so kann er neben dem Ausgleich des Zugewinns den Pflichtteil verlangen. Auch hier gibt es neben dem Zugewinnausgleich den kleinen Pflichtteil von 1/8. Das ist in solchen Fällen sinnvoll, wenn der dem überlebenden zugedachte Erbteil im Wert geringer ist als der Wert von Zugewinn und kleinem Pflichtteil zusammen, also z.B. bei einem Erbteil von nur 1/8.
Beachte: Sind keine Kinder aber noch die Eltern des Erblassers vorhanden, beträgt der kleine Pflichtteil des überlebenden Ehegatten 1/4.