Der Begriff Güterstandsschaukel
besagt, dass man vom Güterstand der Zugewinngemeinschaft in die Gütertrennung und dann von der Gütertrennung wieder in die Zugewinngemeinschaft „zurück schaukelt“. Die Güterstandschaukel kann eingesetzt werden um bei ungleicher Vermögensverteilung in der Ehe zukünftig normalerweise anfallende Erbschaft- und Schenkungsteuer zu zahlen.
Die meisten Deutschen
sind verheiratet, ohne beim Notar einen Ehevertrag geschlossen zu haben. Sie sind dann im gesetzlichen Güterstand verheiratet. Das Gesetz sieht als gewöhnlichen Güterstand die sogenannten „Zugewinngemeinschaft“ vor. Bei der Zugewinngemeinschaft bleibt das Vermögen der Ehegatten immer getrennt. Es verschmilzt also nicht zu einem einheitlichen Vermögen, das beiden gehört. Jedem gehört nach wie vor das Seine. Das Vermögen kann sich dann während der Ehe unterschiedlich entwickeln, je nachdem was jeder der beiden Eheleute zu seinem Vermögen, das er am Anfang der Ehe schon hatte, dazu gewinnt. Dieser Vermögenszuwachs ist der sogenannte Zugewinn. Wenn nun die Ehe durch Scheiden beendet wird, wird der Zugewinn den jeder Ehegatte für sich erzielt hat festgestellt. Ist der Zugewinn des einen Ehegatten höher als der andere, muss der Wertunterschied ausgeglichen werden. Diesen Ausgleich des unterschiedlichen Zugewinns nennt man Zugewinnausgleich.
Der Zugewinnausgleich
ist auch durchzuführen, wenn die Ehegatten den Güterstand wechseln, also z.B. von der Zugewinngemeinschaft in die Gütertrennung. Die Gütertrennung muss durch notariellen Ehevertrag vereinbart werden.
Wenn nun der eine Ehegatte vom anderen einen Zugewinnausgleich in Geld erhält, stellt sich die Frage, ob dafür Steuern gezahlt werden müssen. Dies ist in § 5 Abs. 2 Alt. 1 ErbStG (Erbschaftsteuergetz) geregelt.
(2) Wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft in anderer Weise als durch den Tod eines Ehegatten oder eines Lebenspartners beendet oder wird der Zugewinn nach § 1371 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgeglichen, gehört die Ausgleichsforderung (§ 1378 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) nicht zum Erwerb im Sinne der §§ 3 und 7.
§ 5 Absatz 2 Alternative 1 ErbStG
Das bedeutet, dass der Zugewinnausgleich steuerfrei bleibt.
Wie wir bereits gesehen haben, gilt das was für die Scheidung gilt auch für den Zugewinnausgleich, der entsteht wenn die Eheleute vom Güterstand der Zugewinngemeinschaft in die Gütertrennung wechseln. Auch hier bleibt die Zugewinnausgleichsforderung steuerfrei. Es muss aber der Güterstand der Zugewinngemeinschaft definitiv beendet werden. Währen einer Zugewinnehe kann der Zugewinnausgleich nicht steuerfrei vorgenommen werden.
Güterstandsschaukel
‚Wenn die Eheleute nach der Vereinbarung einer Gütertrennung wieder in die Zugewinngemeinschaft zurückgehen, nennt man das Güterstandsschaukel. Dazu müssen die Eheleute dann wieder zum Notar, um nach der Gütertrennung wieder den Güterstand der Zugewinngemeinschaft zu vereinbaren. Diese Güterstandschaukel hat nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs dann keine steuernachteiligen Folgen wegen des steuerfrei durchführten Zugewinnausgleichs.
Entsteht von Gesetzes wegen eine Ausgleichsforderung durch ehevertragliche Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft, ist dies nicht als freigebige Zuwendung schenkungsteuerbar, wenn es tatsächlich zu einer güterrechtlichen Abwicklung der Zugewinngemeinschaft kommt, und zwar auch dann nicht, wenn der Güterstand der Zugewinngemeinschaft im Anschluss an die Beendigung neu begründet wird.
BFH, Urteil vom 12. 7. 2005 – II R 29/02
Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12.7.2005
Eine Ehepaar hatte vor dem Notar einen Ehevertrag geschlossen, in dem sie die Beendigung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft mit Ablauf des Tages des Vertragsschlusses vereinbarten. Zugleich begründeten sie mit Beginn des auf den Vertragsschluss folgenden Tages erneut den Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Den während der Dauer der Zugewinngemeinschaft bis zum Abschluss des Ehevertrags entstandenen und auszugleichenden Zugewinn berechneten die Ehegatten im Einzelnen und setzten einvernehmlich die Zugewinnausgleichsforderung der Ehefrau gegen ihren Ehemann auf 6,7 Mio. fest. Die Ausgleichsforderung wurde „grundsätzlich” bis zum Tod des Ehemanns gestundet. Sie war nach dem Ehevertrag vom Zeitpunkt ihrer Entstehung an mit 1,5 % zu verzinsen. Das jeweilige Anfangsvermögen für den neuerlich vereinbarten Güterstand der Zugewinngemeinschaft sollte sich unter Berücksichtigung dieses für den beendeten Güterstand durchgeführten Zugewinnausgleichs ergeben.
Das Finanzamt war der Ansicht, dass der Ehefrau durch den Ehevertrag 6,7 Mio geschenkt worden seien, und setzte gegen sie Schenkungsteuer fest. Es wurde geklagt. Das zunächst zuständige Finanzgericht gab der Klage der Ehefrau statt,. Das Finanzgericht war der Auffassung, dass die Ehegatten durch den Ehevertrag den Güterstand der Zugewinngemeinschaft beendet hätten und die dadurch begründete Zugewinnausgleichsforderung mangels Vorliegens einer freigebigen Zuwendung nicht schenkungssteuerbar sei (FG Köln v. 4. 6. 2002, 9 K 5053/98, DStRE 2002, 1248; vgl. hierzu Geck/Messner, ZEV 2002, 447). Es liege weder ein Scheingeschäft noch eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung im Sinne von § 42 Abgabenordnung vor. Rechtsmissbrauch sei jedenfalls deshalb nicht gegeben, weil die Ehegatten beachtliche außersteuerliche Gründe für den Abschluss des Ehevertrags dargelegt hätten.
Gegen das Urteil des Finanzgerichts legte das Finanzamt Revision zum Bundesfinanzhof in München ein.
BFH: „Die Revision des FA ist unbegründet“
Der BFH stellte klar, dass für die Begründung einer Ausgleichsforderung durch ehevertragliche Beendigung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft keine Schenkungsteuer anfällt, wenn es tatsächlich zu einer güterrechtlichen Abwicklung der Zugewinngemeinschaft durch Berechnung der Ausgleichsforderung kommt, und zwar auch dann nicht, wenn der Güterstand der Zugewinngemeinschaft im Anschluss an die Beendigung neu begründet wird.
Keine Schenkung
Eine Schenkung ist als freigebige Zuwendung vom Willen des Zuwendenden abhängig. Der Zuwendende entscheidet, was der Bedachte nach dem Willen des Schenkers erhält. Eine Zugewinnausgleichsforderung entsteht aber dem Grund und der Höhe nach nach dem Gesetz und nicht aufgrund einer freiwilligen Zuwendungsenscheidung.
Die Begründung der Ausgleichsforderung ist somit nach dem BFH nicht schenkungsteuerbar, wie § 5 Abs. 2 ErbStG klarstellend regelt.
§ 5 Erbschaftsteuergesetz …
§ 5 Abs. 2 ErbStG
(2) Wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft in anderer Weise als durch den Tod eines Ehegatten oder eines Lebenspartners beendet oder wird der Zugewinn nach § 1371 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgeglichen, gehört die Ausgleichsforderung (§ 1378 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) nicht zum Erwerb im Sinne der §§ 3 und 7.
Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft kann – so der BFH – beendet und – gegebenenfalls auch rückwirkend – vereinbart werden (BGH v. 1. 4. 1998, XII ZR 278/96, NJW 1998, 1857). Dies folgt aus der in § 1408 Abs. 1 BGB statuierten Vertragsfreiheit.
§ 1408 BGB Ehevertrag, Vertragsfreiheit
§ 1408 Abs. 1 BGB
(1) Die Ehegatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Vertrag (Ehevertrag) regeln, insbesondere auch nach der Eingehung der Ehe den Güterstand aufheben oder ändern.
Aus dieser güterstandsbezogenen Vertragsfreiheit folgt , dass die Beendigung des gesetzlichen Güterstands und die anschließende Neubegründung bürgerlich-rechtlich zulässig sind.
Exkurs: Rückwirkende Vereinbarung der Zugewinngemeinschaft
Soweit die Parteien durch notariellen Ehevertrag vom … vereinbart haben, daß die Gütertrennung rückwirkend aufgehoben werde und von Beginn der Ehe an der Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelten solle, bedeutet dies, daß der neue Güterstand nicht nur für die Zukunft Wirkungen entfalten soll, sondern daß insbesondere im Rahmen eines etwaigen Zugewinnausgleichs für das Anfangsvermögen (§ 1374 I BGB) nicht der Vertragsabschluß, sondern der Zeitpunkt der Eheschließung maßgebend sein soll. Eine solche Gestaltung begegnet im Hinblick auf die in § 1408 I BGB statuierte Vertragsfreiheit keinen rechtlichen Bedenken
BGH v. 1. 4. 1998, XII ZR 278/96, NJW 1998, 1857
Diese bürgerlich-rechtliche Gestaltungsfreiheit muss auch das Schenkungsteuerrecht anerkennen, wenn es tatsächlich zu einer güterrechtlichen Abwicklung, d. h. Ermittlung der Ausgleichsforderung kommt.
BFH, Urteil vom 12. 7. 2005 – II R 29/02
Die Beendigung des gesetzlichen Güterstands und seine anschließende Neubegründung ist regelmäßig nicht rechtsmissbräuchlich.
Die Zugewinngemeinschaft muss nicht für immer beendet, aber tatsächlich abgewickelt werden
Der BFH stellt klar, dass das Finanzamt die zivilrechtliche Gestaltung anerkennen muss:
Auch die Gesetzesmaterialien lassen nicht erkennen, dass die Beendigung des Güterstands in § 5 Abs. 2 ErbStG, abweichend vom Bürgerlichen Recht, eine zeitlich abschließende – endgültige – Bedeutung haben soll. Vielmehr geht der Gesetzgeber insoweit – lediglich – davon aus, dass es tatsächlich zu einer güterrechtlichen Abwicklung kommen muss.
BFH, Urteil vom 12. 7. 2005 – II R 29/02
Der BFH fordert aber eine tatsächliche güterrechtliche Abwicklung, also am Besten und Sichersten die Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung oder zumindest deren Ermittlung .
Sonderfall: Schon zuvor während der Ehe gemachte Zuwendungen
Fanden schon während der Zugewinnehe unentgeltliche Vermögensübertragungen von einem Ehegatten auf den anderen ab, sind diese nach dem Gesetz normalerweise als Vorauszahlungen auf den Zugewinnausgleichsanspruch anzusehen. Solche Vorauszahlungen werden dann also beim Zugewinnausgleich auf den Zugewinn des Ehegatten angerechnet, der diese Vorauszahlung erhalten hat.
Achtung
Solche Vorauszahlungen während der Zugewinnehe sind während der Ehe schenkungsteuerpflichtig. Erst wenn die Zugewinnehe durch Scheidung oder Gütertrennung beendet wird, entsteht die Ausgleichsforderung. Bis dahin wird die Vorauszahlung steuerlich als Schenkung behandelt.
Wenn es dann aber später zum Zugewinnausgleich kommt, erlischt die Schenkungsteuer für solche Vorauszahlungen, wenn die Vorauszahlung mit dem Zugewinnausgleich verrechnet wird. Eine für die Vorauszahlung gezahlte Schenkungsteuer erlischt dann für die Vergangenheit und ist vom Finanzamt zurückzuzahlen. Das regelt
§ 29 Erbschaftsteuergesetz
Erlöschen der Steuer in besonderen Fällen
(1) Die Steuer erlischt mit Wirkung für die Vergangenheit, …3. soweit in den Fällen des § 5 Abs. 2 unentgeltliche Zuwendungen auf die Ausgleichsforderung angerechnet worden sind (§ 1380 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Entsprechendes gilt, wenn unentgeltliche Zuwendungen bei der Berechnung des nach § 5 Abs. 1 steuerfreien Betrags berücksichtigt werden;
§ 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG