Erbfall: Was tun, damit die Familie nicht im Streit zerfällt? Erklärt von Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Erbfall: Wie kann ich Streit in der Familie vermeiden?
Wenn sich jemand streiten will, dann streitet er. Eine Garantie zur Vermeidung eines Erbenstreites kann niemand geben. Man kann nur das Menschenmögliche tun, um die Familie so aufzustellen, dass es möglichst nicht zu einem Streit kommt. Hierzu ist Offenheit in der Familie erforderlich. Wurde diese nie gelebt, ist es sehr schwierig. Wo aber ein offener und ehrlicher Umgangston herrscht und wo die Familie es gewohnt ist, dass man respektvoll und achtsam miteinander umgeht, kann die Erbfolge offen angesprochen werden. Dann gibt es wenigstens keine bösen Überraschungen, wenn das Testament eines Tages eröffnet wird. Sind die Familienverhältnisse schwierig und verdient eines der Kinder besonderen Schutz, kann es sinnvoll sein, dieses Kind zum Alleinerben einzusetzen und die anderen Kinder mit Vermächtnissen abzufinden. So vermeidet man wenigstens die in höchstem Maße streitanfällige Erbengemeinschaft. Will der Erblasser auf Nummer sicher gehen, dann sollte er an die Testamentsvollstreckung denken. Eine neutrale, außerhalb der Familie stehende Person, mit juristischer und steuerlicher Fachausbildung (z.B. einen Fachanwalt für Erbrecht) zum Testamentsvollstrecker einzusetzen, nimmt viel Dampf aus dem Kessel. Ansprechpartner der Erben sind dann nicht die Geschwister, sondern eben der neutrale Testamentsvollstrecker.
Einer stirbt und der Rest der Familie streitet sich ums Erbe: Wie häufig kommt das vor?
In der klassischen Familie, in der alle Kinder von denselben Eltern abstammen, eigentlich weniger. Bei Patchworkfamilien und Familien mit Scheidungshintergrund allerdings sind heftige Auseinandersetzungen um das Erbe eher die Regel als die Ausnahme. Und da diese Familienformen zunehmen, nehmen auch die Streitereien ums Erbe zu.
Warum entfachen sich solche heftigen Diskussionen?
Am meisten knallt es in Familien, wenn sich die hinterbliebenen Kindern ungerecht behandelt fühlen. Gerade bei Schenkungen zu Lebzeiten machen Eltern viele Fehler. Manchmal ist die Ungleichbehandlung aber auch bloße Einbildung. Immer wieder wird der Erbstreit zum großen Tag der Abrechnung für Lebensfehler generell. Da brechen sich Eifersucht und Geschwisterneid mitunter dramatisch ihre Bahn.
Wie lassen sich solche Konflikte vermeiden?
In Familien, in denen ein Klima der Offenheit herrscht, kommen solche Entladungen selten vor. Man sollte auch generell kein Kind bevorzugen, sonst rappelt es.
Wie kann man eventuellen Konflikten vorbeugen?
Wichtig ist es, dass es überhaupt ein Testament gibt. Dabei macht es durchaus Sinn, dass man sich beraten lässt. Wenn man Angst vor Konflikten hat oder einem Kind nicht so recht über den Weg traut, dann hilft nur noch das Hinzuziehen eines Testamentsvollstreckers.
Ein Testamentsvollstrecker fungiert wie eine Art Prellbock?
So kann man das sagen: Er wickelt das gesamt Erbe ab und setzt einen Teilungsplan auf. Das heißt, die Hinterbliebenen kommen zunächst nicht an das Erbe. Wird ein erfahrener Erbrechtler zum Testamentsvollstrecker eingesetzt, wird so mancher gierige Erbwolf auf einmal lammfromm.
Dies ist ein überarbeiteter Auszug aus einem Interview mit dem Schwarzwälder Boten.
Damit der gierige Erbwolf lammfromm wird.
Auf diesem Link geht es zum vollständigen Interview des Schwarzwälder Boten mit Gerhard Ruby, Leiter des Deutschen Forums für Erbrecht in Baden-Württemberg. Das Interview führte Eva-Maria Huber. Gerhard Ruby ist Fachanwalt für Erbrecht in Villingen-Schwenningen und unterhält weitere Büros in Radolfzell und Rottweil.