Testamentsvollstrecker: Welches sind die Rechte und Pflichten eines Testamentsvollstreckers? Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Herrscher über das Erbe? Rechte und Pflichten des Testamentsvollstreckers?
Die Erbengemeinschaft ist streitanfällig. Um zu erwartende Konflikte zu entschärfen bietet sich die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers im Testament an. Die Erben haben nämlich keinen Zugriff auf den Nachlass, wenn Testamentsvollstreckung angeordnet ist. Sie müssen warten, bis der Testamentsvollstrecker ihnen ihren Anteil am Erbe zuteilt. Bei der Abwicklungsvollstreckung übernimmt der Testamentsvollstrecker als Treuhänder die Abwicklung des Erbes, die eigentlich die Erben selber erledigen müssten, aber wegen der Konfliktlage dazu nicht in der Lage sind. Ein guter Testamentsvollstrecker wird die konfliktträchtige Erbengemeinschaft befrieden, ein schlechter Testamentsvollstrecker sie womöglich noch verschärfen. Deshalb sollte man nie einen Miterben oder Verwandten als Testamentsvollstrecker einsetzen, sondern einen neutralen Fachanwalt für Erbrecht. Was ein Testamentsvollstrecker darf und muss lesen Sie hier.
Nachlass in Besitz nehmen und verwalten
Der Testamentsvollstrecker ist nicht nur berechtigt, den Nachlass in seinen Besitz zu nehmen; er ist dazu aber gerade auch verpflichtet, weil er sonst seinen Verwaltungsaufgaben nicht genügt.
Soweit nicht durch den Erblasser beschränkt, beziehen sich die Verwaltungsaufgaben auf den gesamten Nachlass. Dem Verwaltungsvollstrecker obliegt die Pflicht, den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten.
Bei der Abwicklungsvollstreckung wickelt der Testamentsvollstrecker den Nachlass ab. Er beachtet dabei die speziellen Anordnungen des Erblassers und den gesetzlich vorgegebenen Teilungsplan. Bei der Verwaltungsvollstreckung verwaltet der Testamentsvollstrecker den Nachlass oft über viele Jahre für die Erben. Die Verwaltungsvollstreckung endet in der Regel spätestens nach dreißig Jahren.
Zu beachten ist, dass der Testamentsvollstrecker aus eigener Machtfülle agiert. Die Erben können ihm keine Weisungen erteilen.
Besondere Anordnungen des Erblassers
Die im Gesetz geregelten Pflichten des Testamentsvollstreckers können durch Anordnungen des Erblassers ergänzt werden, denen der Testamentsvollstrecker nachkommen muss. Der Testamentsvollstrecker ist der verlängerte Arm des Erblassers aus dessen Grab heraus. Sollte der Nachlass jedoch bei Befolgung der Anordnungen erheblich gefährdet werden, kann das Nachlassgericht auf Antrag des Testamentsvollstreckers oder eines anderen Beteiligten solche Anordnungen des Erblassers außer Kraft setzen.
Schadensersatz
Verletzt der Testamentsvollstrecker die ihm obliegenden Verpflichtungen schuldhaft, muss er den Erben und gegebenenfalls einem Vermächtnisnehmer gegenüber Schadensersatz leisten. Er muss am Ende seines Amtes einen Teilungsplan aufstellen und Rechenschaft über seine Tätigkeit ablegen. Bei besonders schwerwiegenden Fehlern kann der Testamentsvollstrecker sogar vom Nachlassgericht abgesetzt werden, das ist aber sehr schwierig.
Kredite für den Nachlass eingehen
Der Testamentsvollstrecker ist grundsätzlich nur berechtigt, Verbindlichkeiten, z.B. Kredite, für den Nachlass einzugehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich ist. Aber: Die vom Testamentsvollstrecker eingegangene Verpflichtung über einen Nachlassgegenstand ist wirksam, wenn ihm insoweit die Verfügungsbefugnis zusteht, was regelmäßig der Fall ist. Der Erblasser kann darüber hinaus anordnen, dass der Testamentsvollstrecker Verbindlichkeiten eingehen kann, soviel er möchte. Bei einer Dauervollstreckung ist im Zweifel anzunehmen, dass der Testamentsvollstrecker beim Eingehen von Verbindlichkeiten nicht beschränkt ist.
Erwerbe des Testamentsvollstreckers für den Nachlass
Erwirbt der Testamentsvollstrecker mit Mitteln des Nachlasses Gegenstände, so fallen diese in den Nachlass.
Prozesse für den Nachlass
Infolge des dem Testamentsvollstrecker zustehenden Rechts, den Nachlass zu verwalten und über die Nachlassgegenstände zu verfügen, steht ihm auch die Prozessführungsbefugnis für die Geltendmachung von Rechten zu, die seiner Verwaltung unterliegen.
Er führt als Partei den Prozess kraft Amtes. Ein Anspruch, der sich gegen den Nachlass richtet, kann sowohl gegen den Erben als gegen den Testamentsvollstrecker gerichtlich geltend gemacht werden.
§ 2213 BGB Gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Nachlass (1) Ein Anspruch, der sich gegen den Nachlass richtet, kann sowohl gegen den Erben als gegen den Testamentsvollstrecker gerichtlich geltend gemacht werden. Steht dem Testamentsvollstrecker nicht die Verwaltung des Nachlasses zu, so ist die Geltendmachung nur gegen den Erben zulässig. Ein Pflichtteilsanspruch kann, auch wenn dem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des Nachlasses zusteht, nur gegen den Erben geltend gemacht werden. (2) Die Vorschrift des § 1958 findet auf den Testamentsvollstrecker keine Anwendung. (3) Ein Nachlassgläubiger, der seinen Anspruch gegen den Erben geltend macht, kann den Anspruch auch gegen den Testamentsvollstrecker dahin geltend machen, dass dieser die Zwangsvollstreckung in die seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstände dulde.
Eine Klage ist also auch gegen den Erben zulässig, auch wenn der Testamentsvollstrecker den Nachlass verwaltet. Dies lässt sich damit erklären, dass der Erbe für Nachlassverbindlichkeiten auch persönlich haftet und deshalb dem Gläubiger auch die rechtliche Möglichkeit eröffnet sein muss, auf das Vermögen des Erben zuzugreifen.
Vergütung
Die Vergütung des Testamentsvollstreckers sollte im Testament klar geregelt, z.B. dahingehend, dass der Testamentsvollstrecker nach den Vergütungsempfehlungen des Deutschen Notarvereins entlohnt wird. Ansonsten droht Streit, weil das Gesetz sonst lediglich regelt, dass der Testamentsvollstrecker eine „angemessene“ Vergütung erhält. Was aber „angemessen“ ist, das sehen die Erben oft anders als der Testamentsvollstrecker. In der Praxis bewährt, hat sich auch die Möhring’sche Tabelle.