Entlassung des Testamentsvollstreckers aus wichtigem Grund. Erklärt von Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen

Testamentsvollstreckung
Testamentsvollstrecker

Der Testamentsvollstrecker ist den oder zumindest einigen Miterben ein Ärgernis. Sie fühlen sich bevormundet, falsch behandelt, argwöhnen Parteilichkeit des Testamentsvollstreckers, fühlen sich gegenüber anderen benachteiligt oder das Ganze dauert ihnen schlichtweg zu lange, weil der Testamentsvollstrecker nicht richtig in die Pötte kommt. Da stellt sich dann dem einen oder anderen schon die Frage, ob man den Testamentsvollstrecker nicht „abschießen“ kann. Solch ein Entlassungsantrag kann in der Tat beim Nachlassgericht gestellt werden. Diese sind mit der Entlassung von Testamentsvollstreckern allerdings sehr zurückhaltend. Schauen wir zunächst einmal, was das Gesetz zur Entlassung des Testamentsvollstreckers an und danach betrachten wir wichtige Gerichtsurteile zu diesem spannenden Thema.

§ 2227 BGB Entlassung des Testamentsvollstreckers aus wichtigem Grund
Das Nachlassgericht kann den Testamentsvollstrecker auf Antrag eines der Beteiligten entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.

Paragraph 2227 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs
Was hätte der Erblasser gemacht?

Der Testamentsvollstrecker ist mächtig. Nur er kann über den Nachlass verfügen. Die Miterben sind von der Verfügung über Nachlassgegenstände ausgeschlossen. § 2227 BGB will daher die Interessen der Erben und anderer Beteiligter schützen, wenn der Testamentsvollstrecker seine Pflichten grob verletzt oder die Geschäfte nicht ordnungsgemäß führen kann oder will. Das sind aber nur zwei Beispiele, es kann auch weitere Gründe für die Entlassung geben, was aus dem Wort „insbesondere“ folgt, das im Gesetz immer nur Beispiele, die die Regel bilden anzeigt.

Leitschnur einer solchen Entlassung ist, was der Erblasser gemacht hätte, wenn er von den Pflichtverletzungen oder der Unfähigkeit des Testamentsvollstreckers erfahren hätte. Hätte er ihn entlassen oder nicht? Der Erblasser, der den Testamentsvollstrecker bestellt hat, ist bildlich gesprochen der Chef des Testamentsvollstreckers. Würde er aus dem Grab heraus den Testamentsvollstrecker zum Schutz der Miterben entlassen, wenn er noch könnte? Diese Frage ist dann zu bejahen, wenn der Erblasser die Ausführung seines letzten Willens durch das Verhalten des Testamentsvollstreckers konkret gefährdet sähe.

Grobe Pflichtverletzung

Wie das Gesetz sagt, rechtfertigt eine grobe Pflichtverletzung eine Entlassung. Gegen welche Pflichten muss der Testamentsvollstrecker aber überhaupt verstoßen? Gemeint sind hier die Amtspflichten des Testamentsvollstreckers. Die Testamentsvollstreckung ist ein Amt. Die Pflichten aus diesem Amt folgen zum einen aus dem Aufgabenprogramm, dass der Erblasser dem Testamentsvollstrecker in seinem Testament auferlegt hat und zum anderen aus dem Gesetz selbst. Das Gesetz regelt insbesondere folgende Verpflichtungen:

§ 2203 BGB Aufgabe des Testamentsvollstreckers
Der Testamentsvollstrecker hat die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen.

§ 2204 BGB Auseinandersetzung unter Miterben
(1) Der Testamentsvollstrecker hat, wenn mehrere Erben vorhanden sind, die Auseinandersetzung unter ihnen nach Maßgabe der §§ 2042 bis 2057a zu bewirken.

(2) Der Testamentsvollstrecker hat die Erben über den Auseinandersetzungsplan vor der Ausführung zu hören.

§ 2205 BGB Verwaltung des Nachlasses, Verfügungsbefugnis
Der Testamentsvollstrecker hat den Nachlass zu verwalten. Er ist insbesondere berechtigt, den Nachlass in Besitz zu nehmen und über die Nachlassgegenstände zu verfügen. Zu unentgeltlichen Verfügungen ist er nur berechtigt, soweit sie einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprechen.

§ 2215 BGB Nachlassverzeichnis
(1) Der Testamentsvollstrecker hat dem Erben unverzüglich nach der Annahme des Amts ein Verzeichnis der seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstände und der bekannten Nachlassverbindlichkeiten mitzuteilen und ihm die zur Aufnahme des Inventars sonst erforderliche Beihilfe zu leisten.

(2) Das Verzeichnis ist mit der Angabe des Tages der Aufnahme zu versehen und von dem Testamentsvollstrecker zu unterzeichnen; der Testamentsvollstrecker hat auf Verlangen die Unterzeichnung öffentlich beglaubigen zu lassen.

(3) Der Erbe kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des Verzeichnisses zugezogen wird.

(4) Der Testamentsvollstrecker ist berechtigt und auf Verlangen des Erben verpflichtet, das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufnehmen zu lassen.

(5) Die Kosten der Aufnahme und der Beglaubigung fallen dem Nachlass zur Last.

§ 2216 BGB Ordnungsmäßige Verwaltung des Nachlasses, Befolgung von Anordnungen
(1) Der Testamentsvollstrecker ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses verpflichtet.

(2) Anordnungen, die der Erblasser für die Verwaltung durch letztwillige Verfügung getroffen hat, sind von dem Testamentsvollstrecker zu befolgen. Sie können jedoch auf Antrag des Testamentsvollstreckers oder eines anderen Beteiligten von dem Nachlassgericht außer Kraft gesetzt werden, wenn ihre Befolgung den Nachlass erheblich gefährden würde. Das Gericht soll vor der Entscheidung, soweit tunlich, die Beteiligten hören.

§ 2217 BGB Überlassung von Nachlassgegenständen
(1) Der Testamentsvollstrecker hat Nachlassgegenstände, deren er zur Erfüllung seiner Obliegenheiten offenbar nicht bedarf, dem Erben auf Verlangen zur freien Verfügung zu überlassen. Mit der Überlassung erlischt sein Recht zur Verwaltung der Gegenstände.

(2) Wegen Nachlassverbindlichkeiten, die nicht auf einem Vermächtnis oder einer Auflage beruhen, sowie wegen bedingter und betagter Vermächtnisse oder Auflagen kann der Testamentsvollstrecker die Überlassung der Gegenstände nicht verweigern, wenn der Erbe für die Berichtigung der Verbindlichkeiten oder für die Vollziehung der Vermächtnisse oder Auflagen Sicherheit leistet.

§ 2218 BGB Rechtsverhältnis zum Erben; Rechnungslegung
(1) Auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Testamentsvollstrecker und dem Erben finden die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664, 666 bis 668, 670, des § 673 Satz 2 und des § 674 entsprechende Anwendung.

(2) Bei einer länger dauernden Verwaltung kann der Erbe jährlich Rechnungslegung verlangen.

Grob

Die Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers muss grob sein. Daran fehlt es schon, wenn der Testamentsvollstrecker die Pflicht schuldlos verletzt hat, z.B. wenn er einen Rechtsanwalt zu Rate gezogen hatte und dessen fehlerhaftem Rat gefolgt ist. Auch rechtfertigen nach der Kommentarliteratur leichtere Verstöße, wie z.B. verspätete Benachrichtigungen und Auskünfte oder ein unvollständiges Nachlassverzeichnis allein die Entlassung des Testamentsvollstreckers nicht.

Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung

liegt vor, wenn auf längere Sicht nicht davon auszugehen ist, dass der Testamentsvollstrecker seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann. Das kann bei einer lang andauernden Erkrankung der Fall sein. Aber auch hier sind die Hürden für die Entlassung hoch. So hat das Bayerische Oberste Landesgericht festgstellt:

Der Entlassungsgrund „Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung“ liegt noch nicht vor, wenn ein Testamentsvollstrecker innerhalb von zwei Jahren ca. fünf Monate bettlägerig erkrankt war.

BayObLG, Beschluss vom 24.01.1991 – BReg. 1a Z 62/89 (amtlicher Leitsatz)

Die lange Erkrankung rechtfertigte nach Ansicht der Oberrichter nicht die Annahme der Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung. Eine Entlassung wegen Unfähigkeit komme zwar in Betracht, wenn der Testamentsvollstrecker durch Krankheit auf längere Zeit an der Abwicklung der Geschäfte gehindert sei. Das gelte aber nur dann, wenn die dem Testamentsvollstrecker obliegende Verwaltungsvollstreckung so nachhaltig beeinträchtigt werde, dass von einer ordnungsmäßigen Geschäftsführung nicht mehr gesprochen werden könne. Im konkreten Fall war aber davon auszugehen, dass die wesentliche Aufgabe des Testamentsvollstreckers darin bestand, das zum Nachlass gehörende Haus zu verwalten. Die Wahrnehmung der damit verbundenen Aufgaben könne grundsätzlich auch während einer Erkrankung gesichert sein. So war der Testamentsvollstrecker auch im Krankenhaus erreichbar. Die bloße Abwesenheit genüge für die Annahme der Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung nicht, wenn Briefverkehr möglich oder ein geeigneter Bevollmächtigter vorhanden sei. Dass die Korrespondenz mit der Erbin „gelitten“ habe, rechtfertigt für sich allein nicht, den Testamentsvollstrecker als zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung unfähig anzusehen.

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